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Stefans persönlicher Bücherschrank

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Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 26.09.2011 |
Dieses Mal ist alles anders: Acht Jahrhunderte Finanzkrisen

Dieses Mal ist alles anders. Acht Jahrhunderte Finanzkrisen.

Kategorie(n)
Finanzen
Autor
Reinhart Carmen, Rogoff Kenneth
Preis

34,99 €

ISBN
3959724187

Börsenaltmeister Kostolany prägte das Bild von dem Mann mit dem Hund. Wenn das Herrchen aufsteht, ist der Hund schon an der Türe und will raus. Öffnet der Mann die Türe, rennt der Hund aus dem Haus, links die Straße runter – bis er merkt, dass der Mann rechts abbiegt. Dann flitzt er wie ein Irrer zurück und gradeaus über die nächste Kreuzung, bis er merkt, dass der Mann da wieder links abgebogen ist usw. Der Hund symbolisiert die Börsenkurse und der Mann die reale Wirtschaft.

Nahezu alle volkswirtschaftlichen Konzepte analysieren die Tollheiten des Hunds und nehmen den Mann gar nicht zur Kenntnis! So auch dieses Buch! Bis ins Detail werden dort die Inflationszahlen und die Immobilienpreise und die Staatsverschuldung aus den meisten Finanzkrisen der letzten Jahrhunderte auf der ganzen Welt (soweit die Datenlage das hergibt), aufgeschlüsselt. Eine unglaubliche Fleißarbeit, aus der wir lernen, wie sich der Hund verhält. Einige Details, wie z.B. die Verschuldung von Staaten mal nicht bezogen auf das BIP, sondern bezogen auf die Steuereinnahmen zu messen, sind sogar richtig gut (ich kann meine persönlichen Schulden ja auch nicht bezogen auf das Einkommen all meiner Mitarbeiter berechnen (obwohl ich via Gehaltskürzung darauf ebenso Zugriff habe wie der Staat auf das Einkommen seiner Bürger via Steuererhöhung)).

Aber das Hauptproblem ist: Finanzkrisen sind niemals die Ursache! Finanzkrisen sind ein Symptom und eine Folge – höchstens noch ein Verstärker von anderen Problemen. Wir haben seit Jahrzehnten strukturell zu hohe Staatsausgaben, die USA haben seit langem ein riesiges Handelsbilanzdefizit, Europa hat rein praktisch völlig unterschiedliche realwirtschaftliche Gegebenheiten und all das hat seine Ursache in realwirtschaftlichen Verschiebungen der letzten 2 bis 4 Jahrzehnte.

Das ganze Geschwätz darüber, dass die Finanzwirtschaft die Realwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würde ist so ähnlich wie die Vorstellung des Hunds, dass manchmal das Herrchen tatsächlich links läuft, WEIL er, der Hund, schon zuvor links abgebogen ist: Also eine Wahnvorstellung!

Oder mit anderen Worten: Will ich Finanzkrisen verstehen, dann komme ich nicht weiter, indem ich irgendwelche Zahlenreihen nebeneinander stelle (und macht es auch noch so viel Mühe, diese Zahlen zu bekommen), sondern ich muss mir die realen Ursachen anschauen, also Verschiebungen in der Produktivität aufgrund von Basisinnovationen oder Folgen von Kriegen oder anderen Einwirkungen wie Naturkatastrophen etc. Eine solche Betrachtungsweise hätte nebenbei den Vorteil, dass Politiker mit etwas Glück nicht mehr versuchen würden, den Hund zu steuern, sondern den Mann. Aber vermutlich wird das wohl erst bei der nächsten großen Krise in 80 Jahren soweit sein…

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