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Stefans persönlicher Bücherschrank

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Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 11.01.2012 |
Business Model Generation: Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer

Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer

Kategorie(n)
Strategie
Autor
Osterwalder Alexander, Pigneur Ives
Preis

34,99 €

ISBN
359339474X

Natürlich weiß ich, dass dieses Buch in bestimmten Umfeldern ein Kultbuch ist. Das ändert nichts daran, dass ich es in weiten Teilen für ein überflüssiges Buch halte, das an vielen Punkten von falschen (oft veralteten) Voraussetzungen und Paradigmen ausgeht, an den wichtigsten Stellen blinde Flecken hat und bei den brauchbaren Stellen nicht wirklich Neues bringt.

Um was geht’s im Buch eigentlich? Kurz gesagt, um ein grafisches Modell, die „Canvas“, um das Modell eines Unternehmens in seinen wesentlichen Elementen zu beschreiben. Das Ziel des Buchs besteht darin, Menschen zu unterstützen, ein neues oder ein besseres Modell zu entwickln (was etwas anderes ist als genau dies zu verwirklichen!)

Das wird cool präsentiert, ist aber nichts Neues. Das grafische EFQM-Modell existiert seit über 15 Jahren und ist in weiten Bereichen der Standard zur Beschreibung von Geschäftsmodellen. Das Strategie-Tableau von Hans Bürkle aus dem Umfeld der engpasskonzentrierten Strategie existiert sogar schon über 30 Jahre.

Ein wesentlicher Vorteil der „Canvas“ lässt sich nicht erkennen und gegenüber dem EFQM-Modell fehlen sogar wesentliche Aspekte wie die gesellschaftlichen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit. Und für meine Vorstellung eines Unternehmens fehlen mir gleich 4 Bereiche: Was ist eigentlich das (emotionale) Motiv des Unternehmers? Welches ist der übergeordnete Sinn des Unternehmens? Welche Kultur und welche Werte soll das Unternehmen vertreten und stärken? Und wo sind eigentlich die Mitarbeiter als Menschen (und nicht nur als Ressourcen)?

Gerade aufgrund dieser blinden Flecken kann man mit der „Canvas“ viele Geschäftsmodelle nicht verstehen, ja sogar nicht einmal erkennen. Dazu gehören witzigerweise selbst im Buch beschriebene Geschäftsmodelle wie die von Apple. Für die Existenzberechtigung von Apple und das Schlüsselmotiv des Ex-Unternehmers, nämlich „eine Delle ins Universum zu machen“ gibt es halt kein Kästchen und ohne das bleibt die Dynamik unverstanden…

Was dann eigentlich vom Ansatz her spannend wäre, nämlich die Darstellung exemplarischer Geschäftsmodelle, bringt in der Praxis dann wieder doch nicht so viel. Erstens werden vor allem die Geschäftsmodelle von Amazon, Google & Co dargestellt. Die sind auf kleine Unternehmen aber praktisch nicht übertragbar. Zweitens gibt es dann auch in den Beispielen die oben genannten blinden Flecken. Und drittens kann man für das Hauptproblem jeder Geschäftsmodellentwicklung, nämlich die Verwirklichung, gar nichts lernen. Das Buch beschäftigt sich nämlich nicht damit.

Das Buch basiert letztlich auf den Paradigmen der Design-Schule von Selznick und Chandler (Ende der 50er, Anfang der 60er Jahr. ausführlich dazu bei Mintzberg). Die Idee ist, via Gruppen-Brainstorming möglichst viele Designs zu evaluieren, die besten auszuwählen und diese dann umzusetzen. Und allein diese – augenscheinlich so bestechende Idee – hat eine ganze Reihe von Schwachpunkten: Erstens werden die besten Entscheidungen oftmals nicht bei vielen Optionen, sondern bei genau einer Option getroffen (Gary Klein). Zweitens ist das Modell des Brainstorming (aus den 40er Jahren…) aufgrund der Diffusion der Verantwortlichkeiten in Gruppen nachgewiesenermaßen weniger effektiv und weniger kreativ als Einzelarbeit (vgl. dazu Richard Wiseman, Brian Mullen u.a.). Drittens werden die meisten Ideen nicht deswegen nicht verwirklicht, weil sie schlecht wären, sondern, weil es niemand gibt, der sich voll und ganz dafür einsetzt, diese Idee zum Fliegen zu bringen. Mit anderen Worten: Commitment schlägt Design. Immer! Oder noch anders: „Ein Weg entsteht, indem man ihn geht“. Was man braucht, ist einen, der diesen Weg geht.

Auf S. 198 im Buch klingt zwar an, was am Gehen hindert: Angst, Unsicherheit, Besitzstände etc. Also Emotionen. Wenn ich wirklich verstehen will, warum manche Ideen zum Erfolg führen und manche nicht, dann komme ich nicht umhin, mir die Emotionen die in bestimmten Organisationen (oder Unternehmern) zum Zeitpunkt der Business Model Verwirklichung aktiv waren, anzuschauen. Ohne diesen wichtigsten Schlüssel ist das Modell nicht reproduzierbar verwirklichbar.

Zum Schluss: Für alle, die gerade gründen wollen und sich noch nie wirklich mit Strategie und Business Modellen beschäftigt haben, ist das Buch vielleicht zu Beginn brauchbar. Darüber hinaus ist das Meiste unvollständig und setzt auf falschen Paradigmen auf. Bezeichnend ist dann auch: Das Buch wurde von 470 „Strategie-Experten“ entwickelt. Ich glaube, ich kenne mich im Bereich Strategie ganz gut aus – aber von den 470 Experten kannte ich keinen einzigen.

2 Kommentare

  • V.J. - 14.01.2012
    Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer

    Und wie lautet die Alternative?

    Jetzt abgesehen vom „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ 🙂

    Sie zerlegen die Konzepte im Buch, bitten aber keine Antworten für Gründer.

    „The Lean Startup“ vielleicht?

  • Gerd - 14.01.2012
    Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer

    Hallo Stefan,

    Bislang habe ich das Buch ganz gut gefunden. Aber deine Besprechung trift den Nagel mal wieder auf den Kopf. Manche Schwächen sieht man offensichtlich wirklich erst, wenn man sich so intensiv mit dem Thema beschäftigt wie du.

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