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kompass mit pfeil auf grundwerte als werteorientierung © Coloures-Pic – stock.adobe.com
Fachartikel Werte und Vision

Werteorientierung im Unternehmen

Wozu benötige ich Werteorientierung?

Es gibt kaum ein Buch über moderne Führung in Unternehmen, das nicht die Bedeutung von Werten betonen würde. Andererseits gibt es wenig, das so schnell beiseite geschoben wird wie die Werte (und die damit zusammenhängende Unternehmenskultur), wenn es um die „Fakten“ geht. Manche orientieren sich von vornherein nur an den Hard Facts. Die Preisfrage ist: Braucht man so etwas wie Werteorientierung überhaupt in einem Unternehmen?

Nun, stellen Sie sich vor, Sie würden zum Trainer einer Fußballmannschaft ernannt werden. Dabei werden Ihnen 3 Teams vorgestellt. Im ersten Team haben alle Spieler nur ein einziges Ziel: Sie wollen die Meisterschaft gewinnen. Spitzenleistung geht ihnen über alles. Im zweiten Team habe alle Spieler ebenfalls nur ein Ziel: Sie wollen Spaß miteinander haben und Freude am Spiel empfinden. Spaß und Freude geht Ihnen über alles. In der dritten Mannschaft hingegen haben Sie einen Stürmer, der Zauberfußball spielt, einen Mittelfeldspieler, der sich auf den Umtrunk danach freut, einen Torwart, der ein bisschen Ausgleich nach der Arbeit sucht und einen Abwehrspieler, der unbedingt in der Bundesliga spielen will.

Ich schätze mal, ich weiß bereits, welches Team Sie keinesfalls trainieren wollen. Das erste Team kann die Meisterschaft gewinnen (oder auch nicht), im zweiten Team kann das Spiel Spaß machen (oder auch nicht). Im dritten wird mit hundertprozentiger Sicherheit keiner zufrieden sein und keiner seine Ziele erreichen. Selbst wenn die Spieler anfangs technisch besser gewesen sein sollten als die der anderen Teams, wird das dritte Team nach kurzer Zeit das Schlusslicht bilden oder ganz auseinander fallen.

Werte geben den Zielen ihre Bedeutung. Und Werte bestimmen, wie man die Ziele erreicht.

Was haben unterschiedliche Ziele mit Werten zu tun? Ganz einfach: Werte geben den Zielen ihre Bedeutung. Und Werte bestimmen, wie man die Ziele erreicht. Dabei geht es nur zum kleinen Teil um Uniformität. Dem einen Spieler des ersten Teams ist vielleicht seine Familie wichtig, der andere bildet sich im Abendstudium weiter und der dritte ist politisch aktiv. Die Individualität bleibt erhalten, aber beim gemeinsamen Spiel wird der Wert der Spitzenleistung von allen am höchsten gewichtet.

Gemeinsame Werte sind auch die Basis für die Anziehungskraft nach innen wie nach außen. Nach innen ist dies entscheidend, weil das dritte Team kaum in der Lage sein wird, Krisen durchzustehen. Im ersten und zweiten Team ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das Gemeinsame in den Vordergrund rückt. Nach außen ist das entscheidend, weil dem dritten Team kaum jemand beim Spiel zusehen will. Können Sie sich das bei Ihren Kunden leisten, wenn Sie dort wie das dritte Team auflaufen? Wenn der Vertriebsmitarbeiter zackig Umsatz machen möchte, die Mitarbeiterin an der Hotline irgendwie eine gute Beziehung mit dem Kunden aufbauen will, die Produktion das Allheilmittel für den Kunden im unverständlichen Tech-Talk sieht und im Hintergrund Investoren nur nach der Rendite schielen?

Was sind Werte überhaupt?

Über Werte wird viel geschrieben. Dabei gehen die Ansätze ziemlich wild durcheinander und jeder meint etwas Anderes. Grob lassen sich drei Richtungen unterscheiden. Erstens gibt es eine starke christliche Fraktion. Diese wird gespeist von diversen christlichen Unternehmervereinigungen und einigen bekannten mehr oder weniger offensiv christlichen Unternehmensberatern. Hintergrund ist dabei das christliche Werteverständnis. Es gibt einige christliche Grundwerte, die normativen Charakter haben und an die man sich halten sollte. Dabei geht es im Wesentlichen um Grundregeln des Zusammenlebens. Es kommt nicht darauf an, diese Werte erst allein oder gemeinsam neu zu entwickeln, sondern darum, diese für sich und sein Unternehmen als bedeutend anzuerkennen und danach zu leben und zu handeln.

Die zweite starke Richtung ist vom neurolinguistischen Programmieren NLP geprägt. Dies ist der Hintergrund der meisten Erfolgsratgeber, die sich eigentlich durchgängig (zum Teil ohne dass dies den Autoren bewusst wäre) auf Anthony Robbins beziehen. Nach Anthony Robbins sind Werte die persönlichen Überzeugungen, was Sie für besonders wichtig halten. Werte und Überzeugungen ändern sich im Verlauf des Lebens und lassen sich auch bewusst ändern. Ändert man seine Werte, so ändert sich fast automatisch auch das Verhalten.

Die dritte Richtung ist noch unbekannter und kommt aus dem Bereich der neueren neurologischen Forschungen. Als bekanntesten Vertreter kann man hier Häusel nennen, der einen menschlichen Werte- und Motivraum beschreibt. Diese Werte sind weitestgehend emotionale Vorlieben, die sich weitestgehend unbewusst durchsetzen. Sie verändern sich zwar im Lauf des Lebens, sind aber nicht bewusst beeinflussbar. Sie sind auch nicht normativ, da das Konzept der Normativität davon ausgeht, dass das Bewusstsein sozusagen oben sitzt und das Handeln bestimmt – aktuelle neurologische Forschungen kommen jedoch zu dem Resultat, dass das Handeln emotional ist und das Bewusstsein nachträglich informiert wird.

Das heißt, dass sich die Grundverständnisse von Werten in der Führungsliteratur nach mindestens drei entscheidenden Kriterien drastisch unterscheiden. Erstens: Sind Werte bewusst oder unbewusst? Sind also die wertebasierten Handlungen bewusst oder unbewusst? Zweitens: Sind die Werte veränderbar oder gar bewusst veränderbar und soll man sie überhaupt ändern? Drittens: Soll oder kann man sich normativ nach Werten verhalten oder sind Werte das, nach dem man sich sowieso verhält?

Da diese Unterschiede normalerweise nicht benannt werden, gehen diese drei Grundrichtungen wild durcheinander. Abhängig von den Antworten erfolgt ein völlig anderer Umgang mit den Werten. Will man eine einheitliche Wertegrundlage im Unternehmen, so werden die Vertreter der ersten Richtung das überzeugende Gespräch wählen, die Vertreter der zweiten Richtung die Persönlichkeitsentwicklung fördern, die Vertreter der dritten Richtung die Personalpolitik bemühen (und sich ggf. einfach vom Mitarbeiter trennen).

Nach meiner Überzeugung sind Werte bewusst veränderbar. Es ist sogar entscheidend, sie so zu ändern, dass sie zur heutigen Zeit und zur persönlichen Berufung passen.

Im Weiteren gehe ich von nachfolgendem Wertemodell aus. Nach meiner Überzeugung sind Werte bewusst veränderbar. Es ist sogar entscheidend, sie so zu ändern, dass sie zur heutigen Zeit und zur persönlichen Berufung passen. Dabei kann und sollte man nicht von null anfangen, sondern die teilweise Jahrtausende alten Wertekonzepte verschiedener Religionen oder Philosophien bewusst einbeziehen. Man kann sich Werte also selbst setzen – die meisten Handlungen erfolgen dann aber unbewusst auf Basis dieser veränderbaren Werte. Somit erfolgt zwar die einzelne Handlung in aller Regel unbewusst, der Wertesetzungsprozess kann hingegen bewusst ablaufen.

Was ergibt sich daraus für Werte in Unternehmen?

Wann beginne ich damit?

Die Antwort ist schnell gegeben: Am besten vor Gründung des eigenen Unternehmens, spätestens bei der Einstellung des ersten Mitarbeiters, allerspätestens jetzt. Warum? Stellen Sie sich nochmals die Fußball-Teams vor und beantworten ernsthaft die Frage, was Sie bei dem dritten Team machen müssten oder könnten, um ein daraus ein wirkliches Team zu machen. Da gibt es folgende Ansätze: Sie könnten versuchen, sich auf gemeinsame Werte zu einigen. Aller Voraussicht nach wird das nicht funktionieren. Dann könnten Sie versuchen, eine genügend große Gruppe zu finden, die sich auf gemeinsame Werte einigt. Das hat zwei mögliche Ergebnisse: Entweder ist die Gruppe sehr klein oder die Wertedefinition ist sehr verwaschen. In jedem Fall werden die übrigen opponieren und ein Teil wird, wenn Sie es ernst meinen, das Team verlassen. Zu allem Überfluss werden sich auch noch die Fans (falls Sie überhaupt welche hatten) einschalten und ebenfalls in unterschiedliche Richtungen zerren. Mit anderen Worten: Wenn Sie erst zu einem Zeitpunkt beginnen, Ihr Unternehmen an Werten auszurichten, an dem es bereits gefestigte Strukturen und Kundenbeziehungen gibt, dann werden Sie es sehr, sehr schwer haben.

Diese unterschiedlichen Werte sind wie Krebs, Unternehmenskrebs. Sie werden sie nur noch mit ziemlich üblen Mitteln, wenn überhaupt, wieder los. Diese Energie könnten Sie bei Unternehmensgründung und beim Wachstum jedoch für andere Dinge gebrauchen.

Wie arbeite ich mit Werten?

1. Wer legt die Werte fest?

In seinem Buch zu den Hidden Champions, also den mittelständischen Weltmarktführern, stellt Hermann Simon als gemeinsames Kennzeichen dieser Unternehmen fest, dass sie autoritär in den Grundwerten und partizipativ in den Details geführt werden. In einem Unternehmergeführten Unternehmen (im Gegensatz zu Managergeführt) kommt dem Unternehmer, der meist auch Gründer ist, eine herausragende Rolle zu. Ob bewusst oder nicht, prägt dieser die ersten Kundenbeziehungen und den Umgang mit Mitarbeitern. Neue Mitarbeiter kommen dagegen kaum an, da im Prinzip bereits alle Beziehungen und Strukturen mit den Werten durchtränkt sind: Ist dem Unternehmer ein gutes Verhältnis zu den Kunden wichtig, so werden sich die Kunden auch gegenüber dem neuen Mitarbeiter so verhalten, ist der Unternehmer ein innovativer Bastler, so werden die Kunden auch vom neuen Mitarbeiter gute Ideen erwarten und betrachtet der Unternehmer seine Kunden als profitable Melkkühe, wird ein neuer Mitarbeiter auch keine Chance haben, ein anderes Verhältnis zu den Kunden aufzubauen.

Der Unternehmer hat also so oder so die Rolle inne, die Grundwerte im Unternehmen festzulegen. Da nach neueren neurologischen Forschungen 90 Prozent aller Entscheidungen unbewusst ablaufen (und auf Werten basieren), besteht der einzige Weg, ein konsistentes wertegeführtes Unternehmen aufzubauen, darin, dass sich der Unternehmer seine Werte bewusst macht (was nichts an der Unbewusstheit der Einzelhandlungen ändert) und die wichtigsten 1 bis 3 (keinesfalls mehr!) Werte als Unternehmenswerte definiert. Die Werte des Unternehmers werden so zu Werten des Unternehmens. Alles andere ist scheinheilig und ineffektiv. Ab diesem Moment der schriftlichen Definition der Unternehmenswerte kann (und muss) man sowohl das Verhalten des Unternehmers als auch der Mitarbeiter daran messen.

Durch die Festlegung der Werte wird zugleich auch die Zielgruppe der Kunden genauer definiert.

Durch die Festlegung der Werte wird zugleich auch die Zielgruppe der Kunden genauer definiert. Ist einer der wichtigsten Werte Innovation, dann wird man bevorzugt Kunden, die für Neues offen sind, ansprechen. Ist einer der wichtigsten Werte Höchstleistung, dann wird man seine Kunden kaum bei Hartz IV-Empfängern finden und ist einer der wichtigsten Werte Harmonie, dann sollte man die Finger von den Erbsenzähler-Kunden lassen, die jeden Cent nachverhandeln. Diese grundsätzlichen Filter sollten bei der späteren Strategieentwicklung, Positionierung und Marktsegmentierung berücksichtigt werden.

Entscheidend für die Wirksamkeit der Werte ist auch die Klarheit und Trennschärfe der Werte. Sie sollten also zusätzlich zu jedem Wert Verhaltensnormen oder Kriterien festlegen. Was würden schon Werte helfen, wenn niemand klar sagen könnte, ob das Verhalten nun wertekonform ist oder nicht?

Warum funktioniert werteorientierte Führung selten bei Managergeführten Unternehmen? Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen glauben viele Manager, sie könnten diese Werte im Komitee einfach festlegen. Das klappt nicht, da in Unternehmen in der Regel schon vorher mehr oder weniger bewusste Werte gelebt werden – in der Regel die des Gründers. Waren diese Werte konsistent, so sind Manager gut beraten, diese Werte fortzuführen. Dazu müssen sie die vorhandenen Werte zu ihren persönlichen Werten machen – anders geht es nicht. Waren sie nicht konsistent, dann haben die Manager eine harte Aufgabe vor sich: Einer allein muss entscheiden – bei einem Managerkomitee kommen nur verwaschene Allgemeinplätze heraus, zu denen alle nicken, wonach aber niemand handeln kann. Und dann müssen die Werte durchgesetzt werden, was bei bestehenden Fußballteams des Typs drei eine Aufgabe für viele Jahre ist. Meist wird der Manager jedoch ausgewechselt, bevor er Resultate erzielen kann. Und sein Nachfolger beginnt von Neuem – nur an einer anderen Stelle.

2. Sind alle Werte gleich gut?

Klares Nein! Zwar gibt es nach meinen Kenntnissen noch keine Untersuchung über den Zusammenhang von bestimmten Unternehmenswerten mit dem Unternehmenserfolg, aber eine Gruppe kann man sicher ausklammern. Alle Werte, die auf egoistische Ziele hin orientieren (wie z.B. Gewinn, Reichtum etc.) scheinen zwar auf den ersten Blick für ein Wirtschaftsunternehmen geeignet. Das Problem daran ist, dass diese Werte sowohl von Mitarbeitern als auch von Kunden gespiegelt oder gar übernommen werden. Und das kann ziemlich kontraproduktiv sein, wenn Kunden permanent nachverhandeln und Mitarbeiter andauernd um ein höheres Gehalt kämpfen. Ich würde sogar so weit gehen, dass die meisten Unternehmer, die permanent über die hohen Gehaltsforderungen ihrer Mitarbeiter jammern, selbst schuld sind. Sie sollten sich fragen, ob sie sich selbst nur am Gewinn orientieren und unbewusst das Kopieren ihrer eigenen Werte fördern. Wie heißt ein spanisches Sprichwort so schön: Wer einen Zirkus betreibt, sollte sich nicht beklagen, wenn er es mit Zwergen zu tun hat.

3. Wie werden Werte wirksam?

Wenn die Werte auf dem Papier stehen, ist schon einiges gewonnen, aber richtig wirksam wird dadurch ein werteorientiertes Unternehmen noch lange nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, Werte wirksam werden zu lassen. Meiner Einschätzung nach gehören folgende vier Maßnahmen zu den effektivsten:

Die wichtigste „Maßnahme“ ist das eigene Vorbild des Unternehmers. Es gibt den Spruch „Deine Taten sind so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst.“ Man kann es auch psychologischer begründen: Die weitaus wichtigste Lernmethode des Menschen ist Imitation. Meist handelt es sich dabei um einen völlig unbewussten Vorgang. (Manche Imitationskünstler schaffen es sogar, ihr eigenes Aussehen zu verändern und nach einigen Jahren wie ihr Hund auszusehen *g*). Imitation erfolgt jedoch in der Regel nicht symmetrisch, sondern eine Person imitiert mehr als die andere. In der Regel imitiert die übergeordnete, ältere, kompetentere oder selbstbewusstere Person weniger. Das ist auch sinnvoll: Stellen Sie sich vor, die Eltern würden statt nur ein bisschen auf gleiche Weise die Babysprache des Kindes imitieren wie umgekehrt. Mit anderen Worten: In aller Regel werden Mitarbeiter und vor allem neue Mitarbeiter Teile des Verhaltens des Vorgesetzten weitestgehend unbewusst imitieren.

Werden jedoch Widersprüche im Verhalten und in den Worten erlebt, so wenden sich die meisten Personen von beidem ab. In diesem Fall können Sie Führung durch Persönlichkeit vergessen. Gerade aus diesem Grund ist es so entscheidend, die Unternehmenswerte auf den Werten des Unternehmers aufzubauen. Nur so sichern Sie ein Maximum an Kongruenz.

Die zweitwichtigste Maßnahme ist die bewusste Steuerung Ihrer Aufmerksamkeit. Es wird Verhalten geben, das sich an den Werten orientiert, solches das gar nichts mit den ein bis drei Unternehmenswerten zu tun hat und solches, das diesen Werten widerspricht. Die meisten Menschen konzentrieren sich automatisch auf die dritte Gruppe von Verhaltensweisen und versuchen die Abweichungen auszumerzen. Das ist wie Unkraut gießen. Es funktioniert nicht. Unser Unterbewusstsein kennt keine Verneinungen: Ist ein Wert Harmonie und zwei streiten, dann kommt von Ihrer Aufforderung „Nicht streiten!“ beim Unterbewusstsein nur „Streiten“ an. Das bekommen Sie dann auch.

Das heißt, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das erwünschte Verhalten. Loben Sie öffentlich. Ihre Aufmerksamkeit wirkt im Unternehmen wie der Strahl einer Taschenlampe. Die anderen schauen unwillkürlich auch da hin. Und umgekehrt: Kritisieren Sie, wenn es denn sein muss, unter vier Augen.

Schaffen Sie drittens konsistente Systeme. Das ist eine der schwersten Übungen, da Widersprüche oft nicht offensichtlich sind. Ein Beispiel: Einer Ihrer Werte sei Innovation. Zugleich bekommt Ihr Vertrieb eine Umsatzprovision. Bei nur einem Produkt funktioniert das. Haben Sie jedoch mehrere Produkte, so wird sich der Vertrieb auf die umsatzstärksten Produkte konzentrieren und das sind normalerweise die gut eingeführten, also eben nicht die innovativen Produkte. Alternativen wären gestaffelte Provisionen, die neue Produkte bevorzugen oder gar Belohnungen für das Herauskitzeln innovativer Anforderungen und Ideen beim Kunden.

Viele dieser Seiteneffekte wird man überhaupt nur erkennen, wenn man mit den Beteiligten spricht. Gilt also bei der Festlegung der Werte, dass Sie dies als Unternehmer allein tun müssen, so gilt bei der Umsetzung in Systeme, dass Sie das keinesfalls alleine tun können.

Sind Ihre Systeme optimal ausjustiert, so führen sie ganz automatisch dazu, dass nach bestimmten Werten gehandelt wird und dass Menschen, die lieber nach anderen Werten handeln würden, das Unternehmen verlassen.

Die vierte Methode ist Storytelling. In jeder Kultur werden die wichtigsten Werte durch Geschichten transportiert – bei einer Unternehmenskultur ist das auch so. Wählen Sie also die Geschichten, die Sie Ihren Mitarbeitern und Kunden erzählen, bewusst danach aus, ob sich darin Ihre Werte widerspiegeln oder nicht. Geschichten lassen sich natürlich auch unterschiedlich erzählen ohne die Fakten zu verbiegen: Fragen Sie sich deshalb auch, ob Sie bestimmte Geschichten nicht anders erzählen können, so dass Ihre Werte darin auftauchen. Wenn Sie auf diese Weise einige Geschichten in Ihrem Unternehmen etablieren können, die auch von Mitarbeitern immer wieder erzählt werden, dann haben Sie viel erreicht und können sich sicher sein, dass auch neue Mitarbeiter davon erfahren und die Botschaft ankommt.

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Das muss nichts Großartiges sein. Ihr Wert ist z.B. Höchstleistung. Und da war damals dieser Auftrag, der eigentlich nicht mehr zu schaffen war. Sie zermarterten sich den Kopf. Bis Sie schließlich zu der Entscheidung kamen: Alle Mitarbeiter, auch die die mit diesem einen Auftrag nichts zu tun hatten, müssen ran. Sie schlugen dies in einem Meeting vor und alle ackerten dann gemeinsam die Nacht durch. Am nächsten Morgen, als Sie den Hörer aufgelegt hatten, nachdem Sie Ihrem Kunden mitteilen konnten, dass sein Auftrag rechtzeitig fertig geworden war, brachen alle Mitarbeiter in Jubel aus und frühstückten dann noch gemeinsam.

Ganz simpel, unter die Haut gehend und so, dass es niemand vergessen wird. Am besten nennen Sie bestimmte „Helden“ in Ihrer Geschichte namentlich. Genau wie bei der Belagerung Trojas Helden aus sämtlichen Regionen Griechenlands genannt werden.

4. Konsequenzen für die Personalpolitik

Werte, nach denen jemand handelt, lassen sich ändern. Genauso wie Fähigkeiten oder viele andere mentalen Persönlichkeitsmerkmale. Bei Fähigkeiten ist es allgemein akzeptiert, dass Mitarbeiter für ihr Unternehmen auch ihre Fähigkeiten weiter entwickeln, sprich: sich weiter bilden. Bei Werten ist dies (aus gutem Grund) nicht der Fall. Da Sie nicht davon ausgehen können, dass ein neu eingestellter Mitarbeiter Ihnen zuliebe seine Werte wandelt, muss das entscheidende Einstellungskriterium sein, dass ihm die Werte bereits wichtig sind. Fähigkeiten können Sie notfalls nachschulen.

Werte, nach denen jemand handelt, lassen sich ändern. Genauso wie Fähigkeiten oder viele andere mentalen Persönlichkeitsmerkmale.

Nochmals zurück zu den Fußballteams. Wenn Sie Trainer des Spaß-Teams sind, dann können Sie keinen neuen Spieler gebrauchen, der die Meisterschaft gewinnen will: Er wird je nach Persönlichkeit ihr Team verlassen oder die Einheit zerstören. Dies sollten Sie möglichst offen ansprechen, da ja auch dieser Spieler in dem falschen Team nicht glücklich würde.

Genauso wie Sie bei der Einstellung auf die Werte achten müssen, müssen Sie es auch bei der Trennung tun. Die fairste Variante ist, wenn Sie aus den Werten ein paar ganz klare K.O.-Kriterien für Verhaltensweisen ableiten und diese samt Konsequenzen im Unternehmen schriftlich(!) bekannt machen. Wenn Sie bereits eine einheitliche Mitarbeiterstruktur haben, können Sie diese Regeln und Konsequenzen durchaus auch gemeinsam abstimmen. Dann halten sich auch alle dran.

Das Entscheidende an diesen klaren Regeln ist: Wenn Sie sie festschreiben, dann müssen Sie diese Regeln auch anwenden. Und zwar ohne Ausnahme!

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