Andreas Müller
Der Ganzheitliche
Andreas, welche Gedanken und Gefühle verbindest du mit der Auszeichnung „Schwarzgurt-Unternehmer“?
Klarheit und Tiefe. Eine Kombination aus Stoizismus und Buddhismus, eine Philosophie und die Bereitschaft, bestimmte Werte, Tugenden, Leitlinien und Leitplanken zu akzeptieren und das Leben danach auszurichten. Die Grundhaltung ist lebenslanges Lernen. Schwarzgurt-Unternehmer sein bedeutet für mich auch: Ich nutze meinen Geist. Ich verbinde Vernunft und Spiritualität zu einem großen Ganzen. Ich trainiere. Ich bin der Weisheit zugeneigt, denn sie hilft mir, meinen inneren Wert festzustellen. Gleichzeitig strebe ich keinen Perfektionismus an, sondern die beste Version meiner selbst.
Was bedeutet das für dich konkret?
Tatsächlich kommen Leute wie Matthias Aumann oder unser ehemaliger UC-Coach Johannes Gronover aus dem Handeln in die Theorie, sie sind sehr nah am Tun, sehr haptisch. Stefan Merath kommt von der Theorie ins Handeln. Das sind unterschiedliche Mindsests, die sich gegenseitig wunderbar ergänzen und im Grunde dasselbe wollen: ein freies und selbstbestimmtes Leben. Für mich ist die permanente innere Reflexion eine Grundvoraussetzung dafür. Denn nur so kommt man in einen Zustand der Klarheit. Dazu gehört nicht nur Klarheit mit sich selbst, sondern auch die Verwendung einer klaren, differenzierten Sprache. Wichtig ist für mich, sehr schnell in Resonanz zu kommen mit meinen Mitarbeitenden und meiner Zielgruppe. Und: Es geht auch ganz viel um Emotionen. Emotionen sind gelebte Gefühle. Es macht einen großen Unterschied, wie man mit seinen Emotionen zurechtkommt. Man kann seinen Geist und sein neuronales System so trainieren, dass man in jeder Situation vernunftgerecht und gleichzeitig emotional richtig handelt.
Fällt dir dazu spontan ein Beispiel aus deinem Unternehmeralltag ein?
Ja, tatsächlich hatten wir kürzlich die größte Messe seit fünf Jahren. Es tauchte unerwartet ein größeres Problem auf, im Team brach kurz Panik aus. Aber dann haben wir umgesetzt, worauf wir alle seit Jahren trainieren: Das gesamte Team hat innerhalb von zwei Tagen eine Task Force gebildet, eine Strategie ausgearbeitet, Aufgaben verteilt und das in einer Geschwindigkeit, die echt beeindruckend war. So eine Leistung bringt nur ein Team, das im Flow ist.
Wie hast du es geschafft, aus deinem Team ein Spitzenteam zu machen?
Ich habe viele Inhalte aus dem Unternehmertrainingskontext in die Firmenkultur eingebracht. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind von Anfang an mit ins Training eingestiegen. Wir haben die Art und Weise, wie wir im Team miteinander kommunizieren, verändert. Später haben wir unsere Lobster Academy gegründet. Wir trainieren hier unseren Lobster-Flow (Teamflow) und die Persönlichkeit eines jeden Mitarbeiters. Durch unser Training gelingt es uns immer öfter, auf unseren großen Messen mit fast insgesamt 500 Menschen einen einzigartigen Group-Flow in unserer Zielgruppe entstehen zu lassen. Zum Training gehören unter anderem acht bis zehn Tage Persönlichkeitsentwicklung pro Jahr. Außerdem arbeiten wir, angelehnt an den Bertram bei UC, mit Lobster-Buddys. Im Mittelpunkt steht auch hier die Frage: Wie wollen wir außerhalb unseres Kontrollbereichs arbeiten und welches Training ist dafür nötig? Wenn sich ein Team auf so eine großartige Weise selbst weiterentwickelt, fällt einem als Unternehmer das Loslassen leicht.
Ich kann mir vorstellen, dass das auch außenstehenden Unternehmern auffällt. Wirst du oft auf dein Team angesprochen?
Ja, auf Messen passiert das tatsächlich häufig. Dort sind für alle Teams die Abläufe ähnlich, weshalb Unterschiede auffallen. Wir Lobster verwandeln Teamflow in Groupflow, das ist fast schon Magie. Die Menschen spüren das und fragen nach: Was macht ihr anders und wie? Ich nehme mir dann gerne Zeit für ein Gespräch und erzähle von mir, von Lobster und UC, erkläre die Verbindung zwischen den beiden Unternehmen und wie bei uns die Ausbildung der Mitarbeiter abläuft. Das habe ich vorhin vergessen zu erzählen: Die Lobster Academy arbeitet mit externen Coaches zusammen. Vier Veranstaltungen pro Jahr, jeweils zwei Tage, eigenes Schulungsprogramm mit bisschen Grundl, bisschen NLP, bisschen UC, sehr viel Lobster und Zeit, um sich selbst zu spüren. Da passieren manchmal echt verrückte Dinge.
Das klingt nicht nach nice to have, sondern nach einem echt lohnenden Invest.
Ziel der Lobster Academy ist, das Beste aus den Menschen herauszuholen. Der Gewinn steht dabei nicht im Vordergrund. Aber wer das Beste aus sich herausholt, kann auch der Beste in der Branche sein. Ich habe in dem Punkt einen doppelten Anspruch an mein Team – es soll das beste Team sein und Lobster dadurch automatisch Marktführer. Tatsächlich sind wir in den vergangenen Jahren kontinuierlichen zwischen 15 und 25 Prozent gewachsen. Im vergangenen Jahr haben wir mit knapp 35 Mitarbeitern ca. 6 Millionen Euro Umsatz gemacht. Dafür, dass wir nur Dienstleister sind, ist das echt krass. Das permanente Wachstum erfordert, dass das Team wächst. Allein im Januar haben wir 10 neue Mitarbeiter eingestellt. Bei einer finanziellen Reichweite zwischen 15 und 20 Monaten ist das kein Problem. Das gilt für die gesamte Unternehmensführung. Nur mit soliden Ressourcen kannst du gegenüber den Mitbewerbern frei agieren. Du kannst auch mal etwas aushalten, du kannst vorausschauend planen oder experimentieren.
Wie schaffst du es, deine Energie oben zu halten?
Ich verbringe sehr viel Zeit mit mir selbst, mit meinen Routinen. Ich meditiere, suche Kraftplätze auf, nehme mir Zeit für Kontemplation. Fünf Mal pro Woche mache ich Sport. Außerdem gehe ich regelmäßig in die Sauna. Auch daran erkennt man einen Schwarzgurt-Unternehmer: Er ist in der Lage, sich Freiräume zu schaffen. Er kann, muss aber nicht.
Ein Privileg, das man sich erarbeiten muss.
Ja, denn die Voraussetzung dafür ist ein Team wie meines, in dem Vertrauen, Flow und Verbindung gelebt wird. Meine Mitarbeiter wissen, dass sie mich jederzeit anrufen können. Das passiert aber nicht häufig. Sie respektieren meine Regenerationsphasen, weil sie wissen, dass ich danach aus dem Vollen schöpfe und mich in bester Form wieder ins Team einbringe. Und falls ich mal nicht in Hochform bin, kommuniziere ich das, dann kümmert sich eben jemand anderes. Ich bin dankbar, dass ich das Unternehmen gemeinsam mit Astrid führe. Durch diese Doppelspitze sind wir gut aufgestellt und haben gewissermaßen nicht nur doppelte Sicherheit, sondern auch doppelte Energie. Was mir auch noch dazu einfällt: Wir stellen gerne Menschen aus der Branche ein, die noch keine Lust haben, in den Ruhestand zu gehen. Diese Symbiose zwischen jungen und lebenserfahrenen Menschen ist eine Bereicherung fürs Unternehmen. Wichtig ist, dass auch diese Senioren in der Schülerhaltung bleiben und sich immer wieder fragen: Was kann ich noch lernen?
Stefan definiert einen Schwarzgurt-Unternehmer unter anderem als jemanden, der Erfüllung findet in dem, was er tut. Was ist für dich Erfüllung?
Erfüllung bedeutet für mich, die Tugenden, die mir wichtig sind, leben zu dürfen und vom Notwendigsten nur das Beste wählen zu können, das wirklich zu mir passt. Ich habe mir dafür einen Rahmen geschaffen, in dem ich mich immer wieder frage: Was muss ich, was brauche ich? Meine Oma hat immer gesagt: Es ist, wie es ist und es kommt, wie es kommt. Da gibt es keine Bewertung, das ist ein Zustand, in dem man seine Ängste und Schatten annimmt und sie umarmt und sich mit ihnen verbindet. Das Leben immer wieder bewältigen und annehmen zu können, in jeder Situation, ist die große Aufgabe und zugleich die große Erfüllung.
Hat sich meine Frage nach einer Bucket List mit dieser Antwort erledigt?
Nein, auf keinen Fall. Ich habe eine große Reisesehnsucht. Ich möchte einige Orte, die ich früher schon mal bereist habe, nochmal besuchen. Diese Orte verbinde ich mit Spiritualität, mit Energie und ich weiß, dass dort persönliches Wachstum möglich ist. Es ist aber auch eine Sehnsucht da nach neuen Orten und nach einer Reise zu mir selbst. Materielles steht nicht mehr auf meiner Liste, damit kriegt man mich nicht. Ich liebe es stattdessen, mit Menschen zusammen zu sein, mit denen ich mich verbunden fühle, denn für Entwicklung ist Beziehung die Grundlage. Manchmal bin ich aber auch gern ein knallharter Wikinger, der allein im Wald übernachtet und Eisen frisst. Auf meiner Bucket List im übergeordneten Sinn steht also: Leben mit Leidenschaft und alles können, aber nichts müssen. Das ist ein verdammt gutes Gefühl.