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Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 01.12.2008 |
36 Strategeme für Manager: EXTRA: E-Book inside. Zugangscode im Buch

36 Strategeme für Manager.

Kategorie(n)
Strategie
Autor
Senger Harro von
Preis

29,99 €

ISBN
3446451056

In China gibt es nach der Beschreibung von Harro Senger eine lange und reiche List-Tradition. Strategeme sind nämlich keine Strategie, sondern List. Diese gipfelt in den 36 Strategemen. Zwar gibt es auch in der westlichen Kultur Listen, aber diese sind nach Harro von Senger nicht kategorisiert und lassen sich somit auch nicht systematisch anwenden.

Diese 36 Strategeme werden im Buch genau beschrieben. Die Strategeme selbst sind meist nur bildhaft. Z.B. „Strategem Nr. 4: Ausgeruht den erschöpften Feind erwarten.“ oder „Strategem Nr. 6: Im Osten lärmen, im Westen angreifen.“ Hilfreich sind deshalb die Beispiele, die Beschreibung des Anwendungsradius für jedes Strategem und die Strategemprävention.

Dabei geht es nicht nur darum, diese Strategeme zu kennen, sondern vor allem auch, sie im Alltag zu erkennen oder gar selbst anwenden zu können. Das erfordert viel Übung und erscheint mir ein bisschen so wie asiatische Kampfsportarten: Es gibt eine kategorisierte Anzahl an Grundtechniken, die man immer wieder üben muss und im Kampf entscheidet die kreative und schlafwandlerische Anwendung.

Nun gibt es natürlich auch zwei Einwände. Der erste ist, dass es im Westen nichts Vergleichbares gäbe. Da habe ich meine Zweifel. Zum einen gibt es schon die Bücher von Macchiavelli aus dem 16. und das Buch des Jesuiten Baltasar Gracián aus dem 17. Jahrhundert, in denen einige List-Bilder ausführlich (und kategorisiert) beschrieben werden. Zum anderen glaube ich ganz praktisch nicht, dass z.B. westliche Geheimdienste nur aus dem Bauch heraus agieren.

Der andere Einwand – und auf den geht Harro von Senger in gewissem Grad selbst ein – ist der ethische. Hier zitiert er am Schluss selbst die Mahnung des chinesischen Weisen Hong Zicheng: „Ein die Menschen schädigendes Herz darf man nicht haben! Aber ein sich vor den Menschen in Acht nehmendes Herz ist unverzichtbar!“.

Hier würde ich zwei Gedanken anfügen wollen: Erstens ist nach der Spieltheorie die erfolgreichste Strategie, zuerst ein kooperatives Gegenüber zu vermuten, und erst, wenn sich dies als nicht gegeben heraus stellt, selbst die Kooperation einzustellen bzw. mit unkooperativen Maßnahmen zu agieren. Das trifft die Aussage von Hong Zicheng und erlaubt sozusagen die Anwendung der Strategeme aus dem Verteidigungsfall.

Zweitens gibt es zwei komplett unterschiedliche Strategiedenkweisen, die zu völlig unterschiedlichen Handlungen führen. Im ersten Fall geht man davon aus, dass es nur einen Kuchen einer bestimmten Größe gibt – dann muss man um die Verteilung kämpfen. Im anderen Fall geht man davon aus, dass man sein eigenes Kuchenstück backen kann – dann sind einem die Kämpfe der anderen (bis auf besagten Verteidigungsfall) egal.

Nun kann man natürlich moralisch oder sonstwie die zweite Strategie-Variante für besser halten. Das halte ich für Quatsch! Es hängt letztlich von Bereich ab, in dem man agiert. Will man Bundeskanzler werden, dann gibt es eben nur ein Kuchenstück, auf dem „Bundeskanzler“ steht. Ohne Machtkämpfe und den Einsatz von Listen kommen Sie da gar nicht hin. In der Wirtschaft hingegen haben gerade kleinere und mittlere Unternehmen immer die Möglichkeiten durch entsprechenden Einsatz von Hirn eine neue Marktnische zu erfinden, sich also ein eigenes Kuchenstück zu backen. Und das ist immer einfacher als der Kampf.

Aus diesem Grund halte ich die 36 Strategeme zwar für wichtig, um evtl. Angriffe zu erkennen und Gegenstrategien zu erarbeiten, aber Sie können für Unternehmer aus kleinen und mittleren Unternehmen nie die Hauptstrategie sein. Im Gegenteil: Sobald du dich auf dieses Denken einlässt, kaufst du zugleich die Philosophie des vorgegebenen Kuchens und das macht es unendlich schwer, Strategien der neuen Kuchenstücke zu entwickeln…

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