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Stefans persönlicher Bücherschrank

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Meine Buchtipps

Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 16.08.2008 |
Alles ist machbar und 25 andere fatale Irrtümer im Business: Denkfallen unter die Lupe genommen (Management)

Alles ist machbar und 25 andere fatale Irrtümer im Business. Denkfallen unter die Lupe genommen.

Kategorie(n)
Persönlichkeit
Autor
Ulsamer Bertold
Preis

26,95 €

ISBN
3897497921

Sicher, der Titel ist reißerischer als das Buch. An vielen Stellen wird nur der Absolutheitsanspruch vieler Grundüberzeugungen im Business in Frage gestellt. So weit genau dies zum Denken anregt, ein recht produktiver Ansatz. Auch dass der Autor durchaus zu den klügeren Vertretern der Business-Coachs gehört, kommt dem Buch sehr zu Gute und inspiriert zu eigenen Gedanken.

Zugleich begeht auch Ulsamer den einen oder anderen schwerwiegende Denkfehler. Der erste ist, dass er annimmt, dass es so etwas wie eine realistische Denkweise überhaupt gibt und dass diese besser sei. „Alles ist machbar“ sei so eine inadäquate, unrealistische und der Jugend eigene Denkweise. Dabei ist es eher so: Jedes Alter (oder genauer: Jeder Testosteron- und Östrogenpegel, die sich mit dem Alter verändern) bringt seine eigene Sicht der Welt hervor. Eine andere Sicht auf die Welt führt zum anderen Handeln.

Beispielhaft kann dies an den Optimismus-Strategien von Seligman aufgezeigt werden: Ein Pessimist erklärt sich negative Ereignisse durch eine globale, zeitlich unbegrenzte und internale Erklärung, ein Optimist durch eine spezifische, zeitlich begrenzte und externale Erklärung. Erleidet z.B. ein Callcenter-Agent eine Abfuhr, dann erklärt sich der Optimist das so: Der Angerufene hat wohl jetzt gerade einen schlechten Moment. Der Pessimist erklärt sich das so: Ich bin völlig unfähig, erfolgreichen Kontakt mit Menschen aufzunehmen. Der Optimist wird einfach nochmal beim gleichen oder bei einem anderen anrufen, der Pessimist versucht dies zu vermeiden (weil er ja bei jedem Versuch sich selbst seine Unfähigkeit vor Augen führt). Deshalb wird der Optimist im Laufe der Zeit bessere Resultate erzielen, weil er es einfach öfter und mit positiverer Stimmung versucht.

Dabei, und das ist das Entscheidende, ist es völlig irrelevant, wer von beiden Recht hat, wer also die adäquatere und realistischere Denkweise hat. Einzig entscheidend ist: Welches Erklärungsmodell führt zu größeren Erfolgen und schnellerer Weiterentwicklung? Genauso ist es auch mit „Alles ist machbar“ versus „Man sollte das Mögliche machen“. Es ist völlig irrelevant, welcher der beiden Glaubenssätze oder Denkweisen realistischer ist. Einzig entscheidend ist: Welches Erklärungsmodell führt zu besseren Resultaten?

Der zweite schwerwiegende Denkfehler ist die Vorstellung, dass therapeutische Konzepte im Business-Coaching der ultimative Bringer wären. (Das ist natürlich die erfolgversprechendste Vorstellung für therapeutisch ausgebildete Coaches, die im Business-Coaching Fuss fassen wollen oder dort verankert sind). Hier sind einige Zweifel angebracht. Historisch war es eher so, dass in den 80er Jahren einige Therapeuten entdeckt haben, dass sich im Business-Coaching mehr Geld verdienen lässt als mit Therapie. Und seither versuchen sie – gegen viele (berechtigte) Vorbehalte, in diesem Segment Fuß zu fassen und es für sich zu definieren. Dabei wird die Tatsache, dass die meisten Coachs weder von der Tätigkeit der Coachees noch von den Rahmenbedingungen, in denen diese agieren, nicht die geringste Ahnung haben, als positiver Aspekt der Methode verklärt. Im Sport-Coaching ist ein Trainer, der nie dieselbe Sportart ausgeübt hat, schlicht unvorstellbar. (Immerhin ist Ulsamer einer der wenigen Business-Coachs, die sich auch mit Sport-Coaching beschäftigen).

Tendenziell wäre das Sport-Coaching (das selbstverständlich auch psychologische Erkenntnisse nutzt) auch im Business-Kontext um Längen effektiver. Unter einer Voraussetzung: Dass der Coachee freiwillig und aus eigenem Antrieb kommt. Genau das ist im Business-Coaching aber oft nicht der Fall. Gerade in Großunternehmen kommt meist ein Vorgesetzter auf die Idee, den einen oder anderen Untergebenen mal mit Coaching-Maßnahmen zu überziehen. Das ist vom Setting schon schräg und in diesem Rahmen können wohl nur therapeutische Ansätze überhaupt Fuß fassen. Und in der Tat ist es natürlich so, dass für die solchermaßen mit Coaching überzogenen Opfer, die oft gar nicht wollen, Denkmodelle wie „Alles ist machbar“ einen großen Druck aufbauen und Leiden verursachen. Bewegt man sich als Business-Coach hauptsächlich in einem solchen Setting, wird man natürlich auch die Welt durch diese Brille wahrnehmen. Und das ist die Brille, durch die die 25 Glaubenssätze zu 25 Irrtümern mutieren.

Trotz dieser Einschränkungen kann eine Lektüre dieses Buchs dazu führen, seine eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen. Auch wenn das manchmal eher schmerzhaft ist, ist es oft produktiv. Vielem aus dem Buch, das ich hier nicht aufgeführt habe, könnte ich auch direkt zustimmen. Sicher reduziert es auch für diejenigen Angestellten oder Manager, die im Grunde ihres Herzens eher defensiv eingestellt sind – unabhängig davon, was sie nach außen sagen – den Druck und ermöglicht ihnen damit einen leichteren Umgang mit vielen Situationen im Unternehmen. Für selbständige Unternehmer – die Leser dieser Rezension – halte ich den Nutzen für eher gering.

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