Stefans persönlicher Bücherschrank
GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:
Brain at Work
32,00 €
Oh Gott, noch ein Buch über Selbstorganisation, dachte ich mir zuerst. Aber nach wenigen Seiten wurde mir klar, dass ich da tatsächlich was Neues in Händen hielt.
Alle bisherigen Bücher über Selbstorganisation und Zeitmanagement wirken wie von Ingenieuren entworfen. Es sind Systeme, in die ich die Dinge, die außen in der Welt so passieren irgendwie einkategorisiere. Nach wichtig und dringend, nach Dingen, die max. 2 Minuten dauern, nach Kunde meiner Arbeit oder noch weiteren Kategorien. Und dann gibt es irgendeine Art von Prozessbeschreibung wie zuerst das Wichtige und dann erst das Dringende zu machen usw.
Der Haken an all diesen Modellen ist, wie John Lennon es so schön ausdrückte: „Leben ist das, was passiert, während du andere Pläne machst.“ So wenig wie ich die chaotische Entwicklung des Wetters mit einfachen linearen Methoden erfassen und prognostizieren kann, so wenig geht das mit unserer chaotischen Umwelt. Darüber hinaus gehen diese bisherigen Bücher von einem Menschenbild aus, wo der Mensch rational und geplant agiert. Vor dem Hintergrund dieses Bildes muss ich nur die Prozessbeschreibungen richtig anwenden und alles wäre gut. Jedoch dürfte sich jeder schon mal dabei ertappt haben, wie er hinterher feststellte, gerade sein Zeitmanagement doch nicht so sauber im Griff gehabt zu haben. Was vielleicht – wäre nicht die Umwelt schon so chaotisch – bei einem Zeitplan-Roboter noch ganz gut funktionieren könnte, funktioniert bei uns Menschen irgendwie nicht so gut. Offensichtlich funktionieren Menschen anders.
Fatalerweise ist es so: Wenn wir glauben, wir müssten nach diesen Modellen funktionieren und stellen dann notgedrungen fest, dass wir darin nicht perfekt sind, dann fördert das nicht unser Selbstbewusstsein. Es führt eher zu Selbstvorwürfen: Ich bin halt nicht diszipliniert genug… Ich bekomme mein Zeitmanagement nicht auf die Reihe… Dabei ist lediglich der Standard, an dem wir uns messen, falsch, weil sowieso unerreichbar (und falls erreichbar dann auch noch der chaotischen Realität nicht angemessen).
David Rock wechselt radikal die Perspektive. Ihn interessiert fast nicht mehr, wie man Ordnung in die äußere Welt bringt, sondern ihn interessiert, zu verstehen, wie unser Gehirn beim Arbeiten, beim Planen und im sozialen Kontakt funktioniert und warum wir auf bestimmte Art und Weise handeln. Und daraufhin identifiziert er Einflussmöglichkeiten, die wirklich nahe dran sind an unserem menschlichen Potenzial. Wir lernen unsere Grenzen kennen und verstehen. Und wir lernen ein paar Ansatzpunkte, wie wir klüger agieren können. Sollte man auf jeden Fall lesen!
1 Kommentare
ich habe das Buch nun schon 2x gelesen, noch interessanter als das Verstehen des eigenen Handeln sind die Erkenntnisse, die ich aus dem Buch für mein Gegenüber in der Kommunikation mitnehmen konnte – vor allem in den letzten Teilen, wo es ins Private bzw in die Familie geht.
Das ist für mich 100% auch im Umgang mit Kunden nutzbar.
Tolle Sache, und ein Trigger es wieder einmal zu lesen 🙂 (ist fast so gut lesbar wie Stefans Bücher …)