Miyamoto Musashi war einer der besten Schwertkämpfer in Japan zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Daneben studierte er auch Künste und Handwerk. Sein Buch handelt von Strategie, Kampfkunst und Schwertkampf. Und sein Buch ist ein Klassiker. So war ich neugierig, ob und wenn ja was Musashi heutigen Unternehmern zu sagen hat.

Etwa die Hälfte des Buches kann man unter diesem Blickwinkel getrost ignorieren. Dabei geht es um Schwerttechniken oder um die Frage, wie man viele Gegner angreift. Sicherlich könnte man da Tieferes hinein interpretieren, aber dann liest man etwas heraus, das nicht drin ist.

An anderen Stellen geht es jedoch um Führungskunst, um Training und um Einstellung. Und hier lässt sich durchaus etwas lernen. In vielen Unternehmen herrscht oft Kopflosigkeit vor. Eine Bedrohung taucht auf und es wird mit hektischem Aktionismus versucht, das Problem zu lösen. Das beherrschende Grundgefühl in diesen Situationen ist Angst (was natürlich nur selten jemand zugibt). Musashi fordert hier, im Kampf mit demselben klaren Geist anzutreten, wie wenn man die Straße entlang läuft: „Selbst wenn Du unter großem Druck im Schlachtgetümmel steckst, solltest Du locker auf die Grundregeln der Kriegskunst zugreifen können, so dass Du einen standfesten Geist hervorbringen kannst.“

Wie kommt man dahin? Heutzutage werden Ergebnisse höher geschätzt als Entwicklung. Hauptsache das Ergebnis stimmt. Das sollte man bei einer Kampfkunst, bei der es um Leben und Tod geht, erst recht annehmen: Hauptsache das Ergebnis stimmt. Und dennoch sagt Musashi: Wenn man gewinnt und dabei den richtigen Weg verlassen hat, dann gilt der Sieg nichts. Und: „Der Weg besteht im Üben“. Die Entwicklung ist wichtiger als das Ergebnis. Und das geht nur, wenn man einem schlechten Ergebnis keine Bedeutung zumisst: „Allgemein gesprochen besteht der Weg des Kriegers in entschiedener Akzeptanz des Todes.“

Nun geht es heute nicht um Leben und Tod und manches mutet uns fern und fremd an. Aber wenn man es überträgt, dann bestünde der Weg des Unternehmers im Üben. Die eigene Entwicklung wäre wichtiger als das Ergebnis. Ein Scheitern wäre, wie jemand anders mal so treffend ausdrückte, ein Furz im Kosmos der Zeit. Mit einer solchen Haltung würde sich das Unternehmersein deutlich ändern. Und man wäre in der Lage, in jeder Situation im Vollbesitz seiner Fähigkeiten zu handeln.

Interessant übrigens: Musashi taucht gelegentlich im Zusammenhang von Strategiediskussionen auf. Zumindest bei denen, die über den Tellerrand des Porter’schen und Rappaport’schen Strategie-Dilettantismus hinaus schauen. Beginnen Strategien normalerweise bei Märkten oder Organisationen, so beginnt die Strategie bei Musashi beim Ich, bei der eigenen Einstellung, beim Üben. Und hier ist bei so vielen westlichen Strategiekonzepten ein blinder Fleck: Die Persönlichkeit des Unternehmers (oder CEOs) taucht überhaupt nicht auf. Und falls es dann nicht klappt mit der Strategie, faselt man etwas von schlechter Umsetzung. Es wäre interessant, in solchen Fällen seinen Blick in Richtung des blinden Flecks zu lenken.

Wer jetzt allerdings erwartet, eine fertig nutzbare Strategie für Unternehmen zu finden, wird enttäuscht. Dafür wurde das Buch auch nicht geschrieben. Es bietet vielmehr Möglichkeiten, die herrschende, oft begrenzende Sicht durch andere Blickwinkel zu bereichern.