Stefans persönlicher Bücherschrank
GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:
Die Helle und die dunkle Seite der Macht. Wie Sie Ihre Ziele durchsetzen ohne Ihre Werte uu verraten.
22,00 €
Über Macht wird normalerweise nicht gesprochen. Und wenn, dann abschätzig: „Die Mächtigen da oben…“. Dazu ist zu sagen, dass man sich mit einem solchen Glaubenssatz als „unten“ begreift und sich nicht das beste Selbstbild schafft. Genau wie der Glaubenssatz „Geld verdirbt den Charakter“ dafür sorgt, dass man niemals Geld haben wird, sorgt die Abqualifizierung der Macht als böse dafür, dass man niemals Macht haben wird.
Dieser Glaube ist auch bei Unternehmern weit verbreitet. Oft wird das positiv verbrämt: „Ich verhalte micht partnerschaftlich und gleichberechtigt mit meine Mitarbeitern“ oder „Wir haben Hierarchien abgeschafft“. In der Praxis führt das fast immer zu fehlendem Fokus, Ineffizienz und Chaos im Unternehmen und einem ständigen Hin- und Herschwanken zwischen Laissez-faire und Wutausbrüchen beim Unternehmer.
Zuerst einmal: Was ist Macht überhaupt? Laut der Autorin kommt Macht ins Spiel, wenn ein Wille auf einen Widerstand trifft. Das ist mir zwar zu sehr im Moment gedacht (für mich ist es eher der Einfluss auf andere Menschen, um Dinge zu verwirklichen, also über die einzelne Situation hinausgehendes Potenzial), aber es wird schon deutlich, dass wir alle in gewisser Weise Macht brauchen. Zum Beispiel, wenn wir unsere Kinder in die Schule schicken und diese nicht wollen. Dann gibt es verschiedene Eskalationsstufen vom Reden und Überzeugen bis zum handfesten Druck. Fakt ist: Die Kinder sind am Ende in der Schule.
Die Autorin nähert sich diesem Thema mit einem enormen Wissensschatz und will den Leser (und die Leserin) zu einem positiven Umgang mit der Macht führen. Sie unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Machtsphären (Haus, Burg, Markt, Tempel) mit jeweils eigenen Regeln und Werten. Das ist ziemlich produktiv.
Dann zeigt sie Ansätze, die eigene Macht zu vergrößern. Da gibt es Besseres.
Dabei nähert sie sich dem Thema aus einer eher linksorientierten Sichtweise mit einem deutlichen feministischen Einschlag. Damit habe ich klar meine Probleme. Ein immer weiteres Vordringen der Wirtschaft in alle Lebensbereiche, einen Neoliberalismus etc. gibt es vielleicht in der Phantasie der Autorin, aber bei einer Staatsquote von knapp 50% kaum in der Wirklichkeit. (Schweiz und USA bei rund 34%!). Es gab mal Zeiten in der Geschichte, da lag diese Quote beim Zehnten…
Was mir zudem fehlt, ist die klare Unterscheidung der Machtvorstellung bei Managern und Unternehmern. Sie wirft alles in einen Topf. Dabei ist diese grundsätzlich anders: Für Unternehmer gilt immer: Lieber der Erste im Dorf als der Zweite in der Stadt. Für Manager gilt immer das Gegenteil. Daraus ergeben sich völlig unterschiedliche Glaubenssätze und Methoden.
Fazit: Wer sich einfach nur mal mit dem Thema Macht als Unternehmer beschäftigen will, um die eigene Rolle zu klären, kommt hier kaum weiter. Wer hingegen das Thema grundsätzlich angehen will, bekommt aufgrund der Klugheit der Autorin und der Durchdachtheit ihres Ansatzes viele Ideen und wird gezwungen, manche seiner Einstellungen zu hinterfragen.
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