Stefans persönlicher Bücherschrank
GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:
Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens.
26,00 €
Zum ersten Mal bin ich 2006 über das Thema „Gewaltfreie Kommunikation“ gestolpert. Angesichts der Tatsache, dass die Protagonisten damals vor allem aus dem pädagogischen Lager kamen, hat mich das Thema nicht wirklich mitgerissen. Dann traf ich wiederholt in anderen Büchern auf die Arbeiten von Marshall B. Rosenberg. Und zuletzt hat mich ein Leser meiner Rezension „Leben ohne Selbstbetrug. Wie Sie aus der „Box“ herauskommen“ darauf aufmerksam gemacht, dass die GfK sehr ähnlich, aber noch viel besser wäre. Da ich das Buch „Leben ohne Selbstbetrug“ sehr gut fand, war ich nun endlich so neugierig, dass ich auch Marshall B. Rosenberg gelesen habe.
Und ich war enttäuscht! Die Dialoge erinnern mit jeder Zeile an die „einfühlsamen“ Pädagogen, die man aus der Schule kennt: Da versucht einer, sich einzufühlen und man weiß die ganze Zeit schon, dass er was anderes vor hat und einen aufs Kreuz legen will. Ich sage nicht, dass Rosenberg selbst so wäre – er betont oft genug, dass es nicht um die Methode ginge, sondern um die Haltung dahinter. Ich sage aber, dass Dialoge, die mechanisch nach diesen Vorlagen geführt werden – und viele Leser und Anhänger der GfK dürften das tun – den Gipfel der Falschheit darstellen.
Ich glaube, auch wenn Gewaltfreiheit ein sehr hoher Wert ist, es ist nicht der höchste. Davon wird jedoch stillschweigend ausgegangen. Wer innerlich das Wertesystem der GfK (das nirgends explizit formuliert ist), nicht teilt, wird nicht viel damit anfangen können. Ich glaube, dass oftmals die erwähnten Gespräche (z.B. in Krisengebieten, im Knast etc.) überhaupt nur zustande kommen konnten, weil es im Hintergrund eine zentralisierte Gewalt gab, die die Teilnehmer an den Gesprächstisch zwang. Das wird nicht reflektiert.
Und zurück zum Einstieg: Ja, es gibt Ähnlichkeiten zwischen dem „Leben ohne Selbstbetrug“ und der GfK. Und ganz sicher ist die Methodik der GfK sehr viel tiefer gehend. Aber ich denke, genau darin liegt ein wesentliches Problem: Viele „Anwender“ der GfK werden eben die Methodik übernehmen, ohne jedoch an ihrer inneren Einstellung etwas zu ändern. Oder andersrum: Gerade durch das Fehlen der Methodik halte ich ich das „Leben ohne Selbstbetrug“ für um Längen besser.
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