Stefans persönlicher Bücherschrank
GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:
Mein Leben
12,00 €
Wie rezensiert man einen Gandhi? Am liebsten gar nicht – dann setzt man sich nicht in die Nesseln. Aber das wäre auch wieder zu einfach.
Zumal ich Gandhi als Person vor dem Buch viel faszinierender fand als nach dem Buch. Warum? Je länger ich mich mit dem Buch beschäftigte, desto mehr empfand ich eine Starrheit – nicht im Denken – sondern in der Befolgung von Regeln. Ich kann mir nicht helfen, aber wenn ein 61-Jähriger Mann damit hadert, dass er in seiner Jugend als 14-Jähriger Fleisch gegessen hat, obwohl ihm seine Religion dies verbietet, dann mutet das aus heutiger Sicht fremd an.
Andererseits wird im Buch sehr deutlich, dass sich Gandhi genau einem Wert wirklich verpflichtet fühlte: Der Wahrheit bzw. dem was er als solche empfand. Diesem einen Wert wurde alles geopfert: Das eigene Wohlergehen aber auch das anderer. Wobei er nie etwas von anderen verlangte, was er nicht selbst zu geben bereit war (mal abgesehen von seinem Umgang mit seiner Frau in frühen Jahren). In gewisser Weise war Gandhi in der Fokussierung auf einen Wert extrem und in seinem Leben kommt zum Ausdruck, welche Kraft das entfalten kann, wenn man sich voll und ganz auf einen Wert committet.
Auch wenn die Resultate, Ergebnisse und die moralische Nachwirkung nicht hoch genug eingeschätzt werden können, so sind es doch aus meiner Sicht menschenfeindliche Sätze wie diese, die mich zum Nachdenken bringen: „… vom sittlichen Standpunkt aus bezweifle ich nicht, dass jede Selbstverleugnung für die Seele nützlich ist.“ oder „Leiden ist für einen Satyagrahi [einem, der Gandhis Weg der Wahrheit folgt, Anm: SM] Lust“.
Wie auch immer: Gandhi ist einer der ganz Großen in der Weltgeschichte. Und ohne ihn sähe die Welt heute anders (und vermutlich eher schlechter) aus.
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