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Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 08.12.2012 |
Schnelles Denken, langsames Denken

Schnelles Denken, langsames Denken.

Kategorie(n)
Persönlichkeit
Autor
Kahnemann Daniel
Preis

16,00 €

ISBN
3328100342

Der Titel ist ein klein wenig irreführend. Zumindest für Schnelldenker, die wahnsinnig werden, wenn sie von Langsamdenkern umgeben sind, die Äonen brauchen, bis sie etwas verstehen und noch länger, bis sie dann was tun. Aber darum geht’s gar nicht im Buch. Letztlich geht’s um den Klassiker des unbewussten, intuitiven (und schnellen) Denkens versus rationales, bewusstes (und langsames) Denken. Bzw. um die Art und Weise des Zusammenwirkens.

Nun ist Daniel Kahnemann nicht irgendwer, sondern Nobelpreisträger. Und sein Buch ist auf über 600 Seiten angefüllt mit prallem Wissen, der Beschreibung vieler Experimente und verblüffender Ergebnisse. Man erfährt zum Beispiel, dass Menschen, denen man sagt: „Gandhi wurde 144 Jahre alt. Wie alt wurde Gandhi?“ im Durchschnitt ein viel höheres Alter schätzen als Menschen, denen man sagt: „Gandhi wurde 35 Jahre alt. Wie alt wurde Gandhi?“. Obwohl beides ganz offensichtlich völlig blödsinnige Aussagen sind, beeinflussen sie doch. Und zwar enorm. OK, jeder Verkäufer weiß das intuitiv auch, aber das wäre ja schnelles Denken und Kahnemann schreibt ein langsames Buch 😉

Kahnemann zeigt auch auf, wie unser Gehirn schwierige Fragen umformuliert, ohne dass wir es wahrnehmen. Stellt man Menschen die Frage, wie selbstbewusst sie sind, dann kommt beispielsweise das Ergebnis X heraus. Stellt man ihnen die Frage jedoch, nachdem man sie gebeten hat, sich sechs Situationen vorzustellen, in denen sie sich selbstbewusst verhalten haben, dann kommt ein besseres Ergebnis heraus. Das verblüfft jetzt noch niemand wirklich. Interessant wird es, wenn man die Leute bittet, sich vorher zwölf solcher Situationen vorzustellen. Dann wird das Ergebnis nämlich schlechter. Das ist nun schon ziemlich merkwürdig. Kahnemann erklärt dies folgendermaßen: Das Gehirn formuliert die Frage intern um in „Wie leicht fällt es mir, solche Situationen aus meinem Gedächtnis abzurufen. Sechs solcher Situationen fallen leicht. Zwölf eher schwer.“

Ein gewitzter Verkäufer kann dies verwenden, um den Kunden ganz bewusst möglichst viele Nachteile des Produkts nennen zu lassen. Nach zehn oder zwanzig wird das echt schwer. Und wenn einem als Käufer keine Nachteile mehr einfallen, dann ist das Produkt vielleicht doch nicht so schlecht. Zumal dann, wenn man den Käufer dann noch drei oder vier Vorteile nennen lässt.

Der letzte Punkt zeigt ziemlich deutlich, dass man viele dieser Erkenntnisse zum Positiven wie auch zum Negativen nutzen kann. Und damit bekommen wir als Unternehmer (und Verkäufer) auch eine neue zusätzliche Verantwortung.

Weitere Experimente zeigen, dass intuitive Entscheidungen oft sehr viel extremer ausfallen als rational durchdachte, und vieles mehr.

Trotz dieses immensen Schatzes an Experimenten und Erkenntnissen bin ich nicht völlig begeistert vom Buch. Das liegt am Setting. Wir haben einerseits die Rationalität und andererseits die Intuition. Kahnemann macht die Rationalität und „die Wahrheit“ zum Maßstab und seine Experimente sollen uns zeigen, wo unsere Intuition uns narrt. Er bemisst also die Qualität aller Entscheidungen an der Richtigkeit bzw. den Kriterien des „langsamen Denkens“. Und dabei kommt das „schnelle Denken“ zwangsweise schlechter weg.

Dabei kann man „Rationalität“ und „Wahrheit“ nicht als Kriterium hernehmen. Sonst hätte es sich nämlich evolutionär herausgebildet. Das evolutionäre Kriterium ist: „Was nützt der Population?“ Nehmen wir das oben erwähnte Beispiel der Extreme: Ohne Extreme (die durchaus falsch sein können), wären wir als Gattung noch nicht von den Bäumen runter. Eine rein rationale Betrachtungsweise hätte nämlich die Risiken nicht abschätzen können und sich deshalb dagegen entschieden. Eine Population braucht Varianz und diese ergibt sich durch extreme Betrachtungsweisen – auch wenn dann hin und wieder ein einzelnes Wesen dem Löwen zum Opfer fällt. Mit anderen Worten: Das intuitive Herangehen ist zwar nicht immer richtig, bringt in der Gesamtheit die Gattung jedoch weiter als das rationale Abwägen.

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