Stefans persönlicher Bücherschrank
GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:
Small Giants. Companies that choose to be great instead of big.
15,86 €
In den USA war das Buch immerhin Finalist beim Financial Times Book Award, hier in Deutschland ist Bo Burlingham nahezu unbekannt. Das hat seine Gründe. In den USA geht es sehr viel mehr darum, groß zu werden und an die Börse zu gehen als hierzulande. Allein deshalb fällt ein Buch, das von Unternehmen handelt, die lieber großartig als groß sind, positiv provozierend auf.
In Deutschland fokussieren zwar auch die allermeisten Bücher Großkonzerne, aber es gibt eine ausgeprägte mittelständische Kultur und Bücher wie Hermann Simons Hidden Champions oder von Klaus Kobjoll. Was Bo Burlingham als besonders charakterisiert: Lieber auf Wachstum zu verzichten, um sich die Unabhängigkeit zu bewahren, ist hier in weiten Bereichen normal.
Das Buch erinnert beim Lesen sehr stark an Jim Collins „Der Weg zu den Besten“. Es werden etwa ein Dutzend Beispielfirmen heraus gesucht und diese unter verschiedenen Kriterien betrachtet. Was Bo Burlingham dabei auffällt, ist weniger auf einer technischen Business-Ebene zu verorten (wie bei Hermann Simons Hidden Champions), sondern mehr mit etwas, das er Mojo nennt – also dem Spirit des Unternehmens (und insofern stark mit Klaus Kobjoll zu vergleichen).
Bo Burlingham beschreibt nun, was diese großartigen Unternehmen tun, um diesen Spirit in ihren Kundenbeziehungen, den Mitarbeiterbeziehungen und oft auch wichtig, den Beziehungen zur Region oder Gemeinde zu entwickeln. Er beschreibt, wie viele der Unternehmer erst durch Krisen gehen mussten, bis sie an diesem Punkt angekommen waren, wo klar wurde, was wirklich wichtig ist. Und er beschreibt, wie dies fast immer mit einem ganz bewussten Verzicht auf Wachstum einher ging.
Wachstum hätte vermutlich (auch das ist nicht sicher), den Inhabern sehr viel Geld gebracht. Das, was sie jetzt tun, bringt ihnen, den Mitarbeitern, den Kunden und allen, die mit der Firma zu tun haben, sehr viel Erfüllung. In gewissem Sinne sind diese Unternehmer, auch wenn man sie nicht kennt, die wirklichen Vorbilder.
Bo Burlingham hält sich im Buch mit verallgemeinerbaren Lehren eher zurück. Er beschreibt sehr stark. Das ist für die Fans einfacher 7-Schritt-Anleitungen frustrierend, aber erlaubt dem Leser sehr viel stärker seine eigenen Beobachtungen zu machen. Spannend!
Siehe auch Interview mit Bo Burlingham und Prof. Knoblauch
2 Kommentare
Hallo Moe,
ich glaube, dass die Größe schon eine gewisse Rolle spielt, was aber nicht heißt, dass es oberhalb einer bestimmten Größe nicht mehr geht. Apple wäre für mich so ein Beispiel.
Aber ich denke, dass dann andere Managementmodelle greifen als bei kleineren Unternehmen. Klassisch geht man davon aus, dass bis etwa 150 Mitarbeiter der Unternehmer alle Mitarbeiter kennen kann. Danach braucht es andere Modelle (und entsprechend Führungskräfte auf einer zweiten und dritten Ebene, die nicht durch die klassische MBA-Ausbildung verzogen wurden),
Ganz sicher spielt aber die Eigentümerstruktur eine Rolle. Sobald Aktionäre/ Banken/ VCs etc. dazu kommen, rücken diese fast immer an die erste Stelle (und vertreiben dort die Kunden und die Mitarbeiter).
Und mit den Herausforderungen sehe ich das so: Das rein quantitative Wachstum ist sowieso nur die phantasieloseste Variante. Man kann sich wie Du geschrieben hast, dem qualitativen Wachstum widmen, neue Firmen gründen o.ä. Für mich persönlich ist die Frage z.B. die: Wie kann ich eine Vision mit den geringst(!)möglichen Mitteln verwirklichen?
Aber natürlich ist es auch so – Du hast die Frage nach dem persönlichen Wachstum gebracht – wenn das persönliche Wachstum im Unternehmen nicht mehr möglich ist, dann geht das Mojo auch flöten… 😉
Tatsächlich ein sehr beeindruckendes Buch mit inspirierenden Unternehmen/Unternehmern. Und es thematisiert eine Frage, mit der ich mich seit einiger Zeit beschäftige: Lässt sich Wachstum und „Mojo“ über einen Punkt X hinaus kombinieren oder ist dann der Verzicht auf eines von beiden zwingend notwendig?
Wenn ja, welchen Herausforderungen stellt man sich, wenn das Wachstum die Mojo-Grenze zu überschreiten droht? Gründet man neue Firmen? Widmet man sich Wohltätigen Zwecken? Wie füttert man das Bedürfnis nach persönlichem Wachstum?
Viele Grüße
Moe