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Stefans persönlicher Bücherschrank

GELESEN, DURCHDACHT UND REZENSIERT:

Meine Buchtipps

Gelesen und rezensiert von
Stefan Merath
| 08.04.2013 |
SPEED: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Kategorie(n)
Persönlichkeit
Autor
Opitz Florian
Preis

--

ISBN
3442157714

Der Autor leidet unter demselben Phänomen, unter dem viele leiden: Permanentes Nachgucken auf dem Handy, mal kurz noch was im Internet recherchieren und sich dort dann über Stunden zu verlaufen etc. Darüber kommen dann andere Tätigkeiten wie sich um die eigene Familie zu kümmern, zu kurz. Zugleich sitzt man erstens dem Glauben auf, daran nichts ändern zu können, weil es halt zum Beruf dazu gehört und zweitens erfährt man, dass alle Versuche, doch etwas zu ändern, scheitern.

Was mich am Buch begeistert hat, ist die Offenheit, mit der der Autor sich auch selbst anaylisiert und das beschreibt, was viele als persönliche Schwächen empfinden. Da er seine eigene Unzulänglichkeit spürt, macht er sich auf die Suche und landet im Zeitmanagement-Seminar bei Lothar Seiwert, beim Therapeuten (Internet-/Handy-Sucht), bei Zeitspezialisten und bei Aussteigern und beschreibt jeweils deren Umgang mit der Zeit und was es bei ihm bewirkt.

Das ist spannend und teilweise auch mit einem Augenzwinkern beschrieben. Aber wenn man dann dahinter guckt, irgendwie auch schräg. Der Autor „weiß“ nämlich nach einer Abendveranstaltung bei Lothar Seiwert, dass Zeitmanagement bei ihm nicht funktioniert (ok, es funktioniert bei 95% der Leute nicht, aber ausprobieren sollte man es schon erst mal). Er weiß auch nach einem Besuch beim Therapeuten, dass ihm das nichts helfen wird. Auch das ist eher merkwürdig, da man kaum von einem Besuch erwarten kann, „geheilt“ zu werden.

Letzten Endes ist bereits da schon klar, dass der Autor gar keine individuellen Lösungen sucht und finden will. Und so dreht sich das Buch dann auch recht schnell in vorhersagbare Bahnen: Der Turbokapitalismus mit seinem Wachstumsprimat ist schuld, dass alles immer schneller wird. Dazu besucht er die Londoner City und staunt über die Geschwindigkeit, mit der Informationen um die Welt geschickt werden und hört Aussteigern großer Unternehmensberatungen zu.

Und als Alternative besucht er dann Bhutan, die sich nicht am Bruttosozialprodukt, sondern am Bruttoglücksprodukt orientieren. Und er hofft, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen zu einer Entschleunigung führen wird.

Dass das Bruttosozialprodukt ein schlechtes Maß ist, ist klar: Wird ein noch funktionsfähiges Produkt durch ein Neues ersetzt, steigt das Bruttosozialprodukt und die Belastung der Umwelt taucht nirgends auf. Das ist so bescheuert wie reine Finanzkennzahlen im Unternehmen. Aber das Bruttoglücksprodukt ist nur partiell besser: Es richtet den Blick nach innen und ins jetzt. Fast so, wie wenn man ein Unternehmen nur nach Mitarbeiterzufriedenheit steuern würde. Ein relevantes Maß orientiert sich am Außen und an der Zukunft. Welchen Beitrag leistet dieses Land für die Welt und für die zukünftige Generation? Nur aus einer solchen Fragestellung ergibt sich der Sinn im Tun und damit letztlich auch das Glück.

Und aus einer solchen Fragestellung beginnt man auch die Sache mit der Geschwindigkeit anders zu sehen: Viele Dinge gehen viel zu langsam! Der Umbau zu einem ökologischen Wirtschaften geht zu langsam, der Umbau der Schulen weg von einer Institution, die Arbeitsdrohnen und Bürokraten erzieht hin zu einer Einrichtung, die eigenverantwortliche, kreative Menschen entwickeln hilft usw.

Und bezüglich des bedingungslosen Grundeinkommens: Ich war verschiedentlich in Sri Lanka und anderen ärmeren Ländern. Wenn ich dort zum Beispiel einem Taxifahrer (Ausbildung als Lehrer) erzählte, dass hier in Deutschland Menschen überhaupt Geld bekommen, ohne zu arbeiten, konnten sie es erst überhaupt nicht glauben. Und als sie es schließlich glaubten und ein bisschen darüber nachdachten, kam immer dieselbe Reaktion: Das ist nicht gut! Und ich denke, sie haben Recht. Der Tag, an dem in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt würde, ist der Tag, an dem ich in ein anderes Land ziehen werde, in dem Selbstverantwortung noch etwas gilt.

Zurück zum Autor: Am Ende war er auf die Frage zurückgeworfen, was er eigentlich vom Leben will und erwartet und musste sagen, dass er es nicht genau weiß. Aber da ist er dann wieder bei Lothar Seiwert, der sagt, dass ich zuerst nach meinem Kompass und dann nach meiner Uhr gucken muss. Solange ich nicht weiß, wo ich hin will, geht mir notgedrungen alles, was auf mich eindringt, irgendwann auf die Nerven…

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