Die meisten Leser denken, dass das nicht möglich sei. Oder dass es in ihrer Branche nicht ginge. Oder dass… Das ist falsch, wie ich gleich zeige. Und zudem ist es auch das kleinere Problem. Das größere Problem ist, dass die meisten Unternehmer denken, 20% mehr Umsatz seien die Lösung ihrer Probleme.
20 Prozent mehr Umsatz sind zwar die Lösung, aber nur unter bestimmten Umständen. Dann nämlich, wenn der Unternehmer eine gut funktionierende Firma mit klaren Systemen und Strukturen hat, die auch 20 Prozent mehr Aufträge verkraften. Viele kleine Unternehmen hingegen sind intern eher chaotisch und bei 20 Prozent mehr Arbeit bräche das Vollchaos aus. Dann geht die Qualität runter und damit die Kundenzufriedenheit und der Verlust wird damit wesentlich größer als 20 Prozent mehr Umsatz. Auch für Unternehmen, die jetzt kein Geld verdienen, ist das Konzept nicht geeignet: 20% von 0 Euro Umsatz sind immer noch 0 Euro. Und schließlich haben auch Unternehmen, die keinen Gewinn oder gar Verlust machen, nichts davon – sie machen dann eben 20% mehr Verlust.
Dieser Beitrag ist also nur für solche Unternehmen, die auch 20 Prozent mehr Umsatz im Quartal (oder 100% im Jahr) strukturell verkraften können. Und, es geht mir auch nicht darum, hier noch einen Schnell-Reich-Werden-Beitrag zu schreiben, sondern ich will eine einfache Methodik vorstellen, die funktioniert.
Glaubenssätze
Der erste Einwand, der nun kommt, ist also: Glaub ich nicht! Und genau damit fangen wir an: Mit Glaubenssätzen. Überprüfe einmal, welchem dieser Sätze du zustimmen würdest:
- Kleine Unternehmen können schneller wachsen als große Unternehmen.
- In stagnierenden Branchen ist ein solches Wachstum nicht möglich.
- Ein solches Wachstum ist nur im XY-Bereich (z.B. New Economy) möglich.
- Ich bin regionaler Marktführer und kann doch nicht die Einwohnerzahl verdoppeln.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Alle diese Sätze haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind falsch! Die Frage ist nicht, wie wahrscheinlich etwas ist, sondern ob etwas überhaupt vorkommt. Sicherlich ist es einfacher, in einer Branche mit hohen zweistelligen Wachstumsraten den Umsatz in einem Jahr zu verdoppeln als in schrumpfenden Branchen. Aber die Frage ist die: Gibt es nur ein einziges Unternehmen in einem schrumpfenden Markt, das dieses Wachstum erzielte? Die Antwort ist nahezu immer: „Ja“. Also ist es möglich. Und der Glaubenssatz ist eine Ausrede.
Auch schnell wachsende große Unternehmen existieren in genügender Zahl. Und ein regionaler Marktführer kann seine Region vergrößern, zusätzliche Leistungen anbieten oder sich ver-franchisen.
Neben den „es geht aus diesem oder jenem Grund nicht“-Glaubenssätzen gibt es noch die „Ich will das nicht“-Glaubenssätze. Nun ist es so, dass es sicher gute Gründe gibt, nicht zu stark zu wachsen. Zum Beispiel wenn man nur in einer Region tätig sein will oder wenn man nur mit einer übersichtlichen Anzahl von Mitarbeitern zusammen arbeiten will. Oder wenn man sowieso schon finanziell frei und deswegen das Unternehmen nur ein Hobby ist. Oft hat es aber mit einem zu geringen Selbstwertgefühl zu tun – man traut sich das gar nicht zu und deswegen versucht man das nicht und um das dann zu rechtfertigen, erzählt man sich selbst und anderen die Geschichte, dass man es gar nicht will. Solange man einem dieser Glaubenssätze aufsitzt, wird man auch niemals zu einer Umsatzverdopplung im Jahr oder 20 Prozent mehr Umsatz im Quartal kommen.
Die Grundidee
Der Schlüssel ist die Arbeit AM Unternehmen statt die Arbeit IM Unternehmen (vgl. dazu Die zweite Wachstumshürde und 7 beste Tipps für mehr Unternehmerzeit). Arbeit im Unternehmen wäre, einfach mehr Zeit zu investieren, um zu verkaufen. 20 Prozent mehr Verkaufszeit ergibt 20 Prozent mehr Umsatz. Das ist ziemlich einfach. Das Problem daran: es lässt sich nicht unendlich oft wiederholen, zumindest dann nicht, wenn du als Unternehmer selbst verkaufst. Die Lösung besteht ganz einfach darin, dass du eben AM Unternehmen arbeitest.
Das heißt im konkreten Fall, dass du dir deinen Vertriebsprozess anschaust. Ich kann jeden Vertriebsprozess in unterschiedliche Schritte einteilen:
- Reichweite im Markt, z.B. Zugriffe auf die Website, wenn du vorrangig über das Web verkaufst oder Werbung
- Aufmerksamkeit schaffen, z.B. durch Gestaltung der Website, des Schaufensters oder sonstigen Erstkontakts
- Generierung von Adressen/Emails, z.B. durch Newsletter, Adresskauf, Affiliates etc./li>
- Beginn einer Kommunikation, z.B. direktes Kundengespräch, Telefongespräch, Email/li>
- Interesse wecken/ergründen, z.B. durch qualifizierte und kluge Fragen/li>
- Angebot erstellen, z.B. schriftlich oder mündlich/li>
- Kauf abschließen, z.B. im Laden oder online an der Kasse, oder durch Auftragsannahme durch den Kunden/li>
- Umsatz erhöhen, z.B. durch höhere Preise/li>
- Upsells, z.B. durch den Verkauf von Zusatzservices oder Zusatzprodukten (Schuhcreme bei Schuhen…)/li>
- Folgeverkäufe, z.B. Verschleißteile oder erwartbare Erweiterungen/li>
- Empfehlungen, durch Empfehlungsprogramme
Die Schritte unterscheiden sich natürlich – abhängig davon, wie dein Business konkret aufgebaut ist. Aber egal, wie auch immer dein Business aussieht: 8-10 Schritte lassen sich überall identifizieren. Und ich mache jede Wette mit dir, dass in den meisten dieser Schritte ein Optimierungspotenzial von mind. 2% drin ist. Selbst wenn es an der einen oder anderen Stelle nicht gehen sollte (z.B. Umsatz im Buchhandel wegen Preisbindung), an den meisten anderen Stellen geht es. Aufsummiert auf 10 Schritte sind das 20 Prozent.
In den meisten Fällen lassen sich 2% mit ziemlich einfachen Maßnahmen erzielen. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man meist auf 5% oder mehr.
Beispiele?
- 2 Prozent mehr Zugriffe auf die Website? Da setzt man beispielsweise einen Praktikanten hin, der deine Website über Eintragungsdienste in möglichst viele Verzeichnisse einträgt oder der vorhandene Fachartikel auf Blogs platziert. Oder man engagiert eine SEO-Agentur oder nutzt Adwords. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. 2 Prozent sind albern.
- 2 Prozent mehr Aufmerksamkeit schaffen? Im Web in aller Regel einfach durch eine Neuanordnung auf der Homepage zu erreichen. Dein Webmaster soll dann einfach die durchschnittliche Verweildauer und/oder die Anzahl der besuchten Seiten auswerten. Schon hast du eine einfache Messgröße, mit der du verschiedene Varianten der Homepage vergleichen kannst. Oder du misst die Öffnungsquote deiner Newsletter. Oder…
- Generierung von Adressen, Emails: z.B. durch ein kostenloses Angebot auf deiner Website, das man aber nur nach Eintragung der Email-Adresse bekommt.
- Die Anzahl der beginnenden Kommunikationen erhöhen? Indem du aktiv auf die Menschen zugehst. Oder indem du auf der Website den Telefonkontakt so einfach wie möglich machst. Oder…
- Abschlussquote erhöhen: z.B. durch Angebot von Ratenzahlung. Oder durch haarkleine Analyse und schrittweise Optimierung des Verkaufsgesprächs. Oder…
- Umsatz pro Kauf erhöhen: Indem du z.B. für dieselbe Produktart 3 Preise anbietest: einen Preis in der Mitte, den du möchtest. Einen billigen Preis für ein Einstiegsprodukt, um nicht die zu verlieren, die den mittleren Preis nicht bezahlen wollen. Und einen teuren Preis, um den mittleren Preis billig erscheinen zu lassen.
- Folgeverkäufe erhöhen: z.B. den Support schulen, so dass die Leute dort die Verkaufschancen in Kundenproblemen erkennen und nutzen.
Du siehst, es gibt viele solcher Maßnahmen. Die meisten sind extrem einfach. Und viele dieser Maßnahmen lassen sich sogar in wenigen Stunden erledigen.
Wo anfangen?
Es gibt also viele Möglichkeiten. Am besten beginnst du nicht mit 3 oder 5 Maßnahmen, sondern mit einer einzigen. Und zwar an der Stelle, die du erstens gut messen kannst und die zweitens schnelle Ergebnisse bringt. Du brauchst schnelle Ergebnisse, weil Ergebnisse deine Motivation erhöhen.
Bist du in einem Bereich tätig, der extrem lange Verkaufszyklen hat – ich nehme jetzt mal ein extremes Beispiel: irgendeine Unterstützungsleistung im Kraftwerksbau – dann solltest du nicht mit der Website beginnen. Zwar schaffst du es vergleichsweise schnell, die Zugriffszahlen zu erhöhen, aber bis diese höheren Zugriffszahlen umsatzwirksam werden, vergehen ein paar Jahre. Die schnellsten Ergebnisse in diesem Bereich dürften über die Erhöhung von Folgeverkäufen und Zusatzservices zu erzielen sein. Also beginnst du damit.
Das bedeutet, dass man in den meisten Unternehmen tendenziell von hinten beginnt. Also ich beginne nicht mit der Website, sondern mit den Empfehlungen, Abschlüssen, Preisen oder Folgeverkäufen.
Praktisch läuft das meist so: Du machst eine Übersicht über die verschiedenen Schritte deines Verkaufsprozesses. Dort erfasst du, welche zugehörigen Kennzahlen hast oder wo du diese schnell bekommen kannst. Dann überlegst du, in welchem Bereich die schnellsten Ergebnisse zu erzielen sein werden. Dazu machst du dann ein Meeting mit allen an diesem Schritt des Verkaufsprozesses beteiligten Personen.
Dabei macht ihr ein einfaches Brainstorming. Im Anschluss fragst du, um wie viel Prozent man diesen Prozess-Schritt mit diesen Maßnahmen wohl verbessern könnte. Wenn die Leute beim Brainstorming richtig begeistert dabei waren, kommen Antworten wie 10% und mehr. Lass Dich davon nicht mitreißen, sondern sag, dass dir 2 oder meinetwegen 3 Prozent reichen. Dann setzt ihr im Anschluss die eine Maßnahme, die 2 oder 3 Prozent bringt und am wenigsten Aufwand erfordert, um. Am besten ist, wenn nicht du die Umsetzung machst, sondern ein Mitarbeiter. Setze notfalls eine kleine Prämie aus oder belohne einen Erfolg nachträglich mit einer Runde Pizza für alle.
Regelmäßigkeit
Die meisten Maßnahmen lassen sich innerhalb einer Woche umsetzen. Deshalb setzt ihr Euch in einer Woche wieder hin und nehmt den Bereich, der die zweitschnellsten Ergebnisse bringt usw. Deine Aufgabe als Unternehmer sollte sich möglichst darauf begrenzen, die Regelmäßigkeit sicher zu stellen und die Ergebnisse zu kontrollieren.
Das Schöne an diesem Vorgehen ist: Es ist voll fokussiert – niemand verzettelt sich in 25 Aufgaben. Es bringt schnelle Ergebnisse. Und im Gegensatz zu üblichen Zielvorgaben des Unternehmers: „20% mehr Umsatz“, bei denen alle damit beschäftigt sind, vorab schon Gründe zu finden, warum das nicht geht, handelst du deine Mitarbeiter von 10% auf 2% herunter. Die Folgen: 1) Deine Mitarbeiter halten es für leicht und realistisch. Wenn am Schluss der, der es umsetzen soll, kein Ergebnis vorweisen kann, darf er nur auf wenig Verständnis auch von den anderen Mitarbeitern hoffen. 2) Du schaffst deinen Mitarbeitern Erfolgserlebnisse und damit stärkst du die Dynamik, das öfters zu machen. 52 mal 2% im Jahr ergibt (aufgrund des Zinseszinses) 180% Zuwachs. Selbst wenn ein Drittel, also 17 Maßnahmen komplett scheitern sollten, erreichst du immer noch 100%!
6 Kommentare
Die Strategie mit 3 Preisen (Bronze, Silber, Gold) fand ich beim Seminar in Mainz schon sehr spannend und würde Sie gern bei mir umsetzen. Dazu habe ich auch einen Post im Forum einegstellt aber leider (noch) keine Antworten erhalten. Besteht nicht das Problem, dass sich ein Kunde im Leistungspaket des Goldpreises dergestalt wiederfindet, dass er Bronze und Silber faktisch ausblendet und für Ihn Gold der neue Grundpreis ist, den er dann wiederum zu teuer findet und in einer Phase abspringt, in der ich Ihn argumentativ nicht zurückholen kann? Ich fände deine Ideen zum Pricing generell sehr interessant, vielleicht mal einen eigenen Fachartikel wert Stefan 😉 …
BG Rafael
Emil, Du musst an dich glauben, weil keiner an dich denkt!
Du musst was erreichen, weil keiner dir was schenkt!
Und wenn du weiter herum betteln willst kannst du ja an den Hauptbahnhof gehen oder vielleicht auch wie Unternehmer spenden, es gibt noch ganz andere Probleme und wenn du reich werden willst mit 12 € die Stunde ist das bestimmt auch schon möglich vorallem für den Anfang, musste eben das machen was der Bodo Schäfer und der Stefan Merath sagt und nicht die Zeit von den Herren über alle Maße verschwenden! Verstanden.
Unternehmer arbeiten am Unternehmen wenn du da bist kannst du dir vielleicht auch nen Eis mehr leisten.
Also machs jut!
Euer Martin
Der Umsatz muß auch unten irgendwann ankommen. Die Schere zwischen Großunternehmern und 7-Euro-Kräften klafft immer weiter auseinander.
Ja, es gibt Unternehmer mit Verantwortung. Aber die Arroganz nimmt zu.
LIebe Grüße
Emil Heerwagen
Hallo Emil,
drei Dinge: erstens schreibe ich hier oft genug über den positiven Beitrag, den Unternehmer leisten können und sollen. Zweitens braucht ein Unternehmen Umsatz – wie soll es sonst den von Dir gewünschten Lohn zahlen? Drittens: Wenn(!) ein Unternehmer seinen Kunden einen tollen Nutzen bietet, einen positiven Beitrag für die Welt leistet und seine Mitarbeiter positiv behandelt, dann sei ihm auch sein Ferrari oder was auch immer gegönnt. Alles andere ist Neid-Debatte, von der wir in diesem Land eh schon genug haben…
Liebe Grüße
Am besten, indem man immer mehr Arbeit auf immer weniger MA verteilt. Schon bedenklich, wenn diese kleinen Herrgöttchen von Unternehmern den Hals nicht vollkriegen können. Man muß sich als Chef auch mal mit weniger begnügen können, Es muss nicht immer die neueset E-Klasse sein. Ein Opel Astra tut es auch. Lieber mal den MA 12 Euro/h zahlen, dann sind diese auch zufrieden. Man muß mal ans Allgemeinwohl denken, statt an den verdammten Profit……den kann man nicht mit ins Grab nehmen.
Sie haben völlig recht! ABER…
Genau hier liegt das Problem (das es ja nicht gibt).
Wo anfangen?
Es gibt also viele Möglichkeiten. Am besten beginnst Du nicht mit 3 oder 5 Maßnahmen, sondern mit einer einzigen. Und zwar an der Stelle, die Du erstens gut messen kannst und die zweitens schnelle Ergebnisse bringt. Du brauchst schnelle Ergebnisse, weil Ergebnisse Deine Motivation erhöhen.
Wir http://www.laulas.com haben in diesem Jahr unseren Umsatz deutlich stärker erhöht weil wir uns konzentriert haben (und dabei immer noch zu viele Baustellen haben). Das ist aus meiner Sicht der beste Tipp von Herrn Merath, dessen Bücher ich sehr schätze und empfehle.
Freundliche Grüsse
Gerhard Goss