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ende der corona-krise in deutschland © Gerasimov
COVID-19

Nur noch wenige Monate…

Zu Beginn einer Krise sieht keiner, dass die Krise kommt. Am Ende glauben alle, es geht ewig so weiter. Die (medial geprägte) Mehrheit liegt an Wendepunkten immer falsch. Vor einem guten Jahr – noch bevor das erste Mal ein Krisentreffen der Regierung stattfand und Corona zur Pandemie erklärt war, schrieb ich Folgendes:

„Mein persönliches wahrscheinliches Szenario ist Folgendes: Die erste Erkrankungswelle wird uns 2-3 Monate beschäftigen. Das kann so krass werden, wie in Wuhan, wo die komplette Wirtschaft zum Erliegen kam, muss aber nicht. Den Sommer über erleben wir eine Normalisierung. Aber da das Virus nun mal in der Welt ist und vergangene Pandemien immer in Wellen auftraten, dürfte nächsten Winter bis nächstes Frühjahr die nächste Welle starten und dann ab nächsten Sommer dürfte ein Impfstoff zur Verfügung stehen. Dieses Szenario wird viele kleine und mittlere Unternehmen in ihrem Kern treffen: Restaurantbetreiber, Touristiker, Kinobesitzer, Ladenbetreiber, Sportstättenbetreiber, Hotels…“ (28.2.2020, Blogpost „Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle“

Bereits um den 20. Februar war mir völlig klar, dass es Mitte bis Ende März 2020 zu einem Lockdown kommen würde. Auch das schrieb ich damals. Meine Begründung für diese Verzögerung war, dass unsere Politiker unter Realitätsverweigerung und mangelndem Mut leiden. Heute würde ich noch Inkompetenz und die Unfähigkeit zu führen ergänzen wollen. Die mittlerweile 20. Ministerpräsidentenkonferenz gestern hat dies wieder mal bewiesen. Und zudem noch gezeigt, dass die Politiker aller beteiligten Parteien in einer Parallelwelt leben. Die Politik sagt: wir sind einen großen Schritt weitergekommen. Die Bevölkerung denkt: Ja, in Richtung Abgrund.

Dennoch ist die Corona-Krise nun in wenigen Monaten vorbei. Definitiv! Wie komme ich dazu?

  • Trotz der Unfähigkeit der Regierung und der EU, rechtzeitig vernünftige Verträge zu schließen, haben innovative Unternehmen Impfstoffe entwickelt und diese werden ab dem zweiten Quartal in deutlich größerer Menge verfügbar sein.
  • Trotz der Unfähigkeit von Bund und Ländern, den Impfstoff in die Arme zu bekommen, wird der Druck, endlich auch die Ärzte/Betriebsärzte machen zu lassen und die bürokratische Impfreihenfolge in die Tonne zu treten, so groß werden, dass selbst die Ignoranz der Politik eine weitere Impfbeschleunigung nicht verhindern kann.
  • Trotz der Unfähigkeit von Bund und Ländern, Tests bereitzustellen (und zwar dort, wo die Menschen täglich sind, nicht in irgendeinem Testzentrum in der Walachei), werden sich die Tests breit durchsetzen. 20% der Unternehmen testen ihre Mitarbeiter bereits regelmäßig, 30% planen es in naher Zukunft. Wir testen unsere Seminarteilnehmer seit Oktober!
  • Und Aldi, Lidl & Co können Verteilung eh besser. Lidl hat vor einigen Läden sogar Testzentren mit kostenlosen Testmöglichkeiten eingerichtet und es darf angenommen werden, dass andere folgen. Gäbe es kostenlose Tests vor jedem Aldi, würden sich die Leute auch testen lassen.
  • Trotz der Unfähigkeit der Politik gibt es mittlerweile die brauchbarere App Luca von Smudo von den Fanta 4.
  • Und es gibt auf kommunaler Ebene ein paar Lichtblicke wie Lisa Federle/Boris Palmer aus Tübingen oder Bürgermeister Claus Ruhe Madsen (Ex-Unternehmer) aus Rostock. Und es gibt andere Kommunen, die das imitieren wollen und werden.

Mit anderen Worten, die notwendigen Dinge werden geschehen – ob mit oder ohne Politiker. Deswegen ist die Pandemie in wenigen Monate zu Ende. Definitiv!

Das Ganze erinnert mich sehr an den Sommer 1989 in der DDR: Während die Jungs und Mädels um Erich Honecker 40 Jahre DDR feierten, entlud sich draußen der Druck und fegte die Mauer hinweg. Die Parallelwelt ist dieselbe. Der Druck ist derselbe. Die Chance, dass in 3 Monaten Merkel, Laschet, Altmeier, Spahn, Scholz & Co nicht mehr auf ihren jetzigen Posten sind, liegt durchaus bei 50%. Auch das ist eine Eigenschaft von Krisen: am Ende bekommen die Dinge plötzlich eine Geschwindigkeit, mit der keiner gerechnet hätte.

Ende der Corona-Krise: Start der politischen Krise

Wie auch immer, in wenigen Monaten wird sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben weitestgehend normalisieren. Die Corona-Krise ist dann zwar vorbei, aber die politische Krise beginnt erst. Auf der politischen Ebene hingegen braucht es nicht weniger als eine Neuerfindung der Demokratie! Dabei müssten folgende Dinge berücksichtigt werden:

  • Politik funktioniert aktuell im Wesentlichen nach dem, was ich in meinem Buch Dein Wille geschehe als Führungsstil 2 beschreibe. Es wird mit Regeln, Verordnungen und Gesetzen geführt. Dieses Modell ist an der Komplexität und Geschwindigkeit (sowohl bei Corona als auch im weltweiten Wettbewerb) gescheitert. Es braucht eine Führung, die eine Richtung vorgibt und auf Beteiligung der Menschen setzt. Eine agile Stil-4-Führung! (Beispiel-Idee dafür findet sich in meinem Blogpost „Ein neues Führungsparadigma“)
  • Eine Folge der verfehlten Führung mit Führungsstil 2, die der Komplexität nicht mehr angemessen sein kann, ist die schiere Gesetzesanzahl: derzeit über 70.000 gültige Gesetzestexte und Verordnungen. Wie absurd das ist, macht folgendes deutlich: Ich frage in meinen Seminaren immer mal wieder die anwesenden Unternehmer, wer das GmbH- oder das Steuer-Gesetz kennt. Maximal 5% der Hände gehen hoch. Nun gibt es diese Gesetze, weil die Betroffenen sich danach verhalten sollen. Aber wie sollen sie es, wenn sie die Gesetze nicht einmal kennen. Es ist zu komplex und damit ist das gesamte System dysfunktional. OK, die Welt ist heute komplexer und wir kommen nicht mehr mit 10 Geboten hin. Aber drastisch reduzieren auf maximal 1.000 Gesetze und Verordnungen wäre absolut notwendig. Diese feingliedrige bürokratische Führung ist endgültig gescheitert. Zeit radikal(!) auszumisten!
  • In einem Land, in dem die Mehrheit der Bevölkerung nach 70 Jahren aufsummierter Wahlgeschenke auf die eine oder andere Art und Weise von staatlichen Transferzahlungen lebt, kann Demokratie grundsätzlich nicht mehr funktionieren. Schlicht, weil sich nie Mehrheiten finden, die für ein vernünftiges Wirtschaften stehen und in der Lage wären, auch mal Kosten zu streichen oder Ausgaben auf die wirklich wichtigen strategischen Projekte zu fokussieren. Das Richtige tun und das tun, was die Mehrheit im Moment gerne hätte, sind zweierlei paar Stiefel. Wenn das System verhindert, dass das Richtige getan wird, haben wir ein Problem.
  • Dieses Ausmisten bei Regeln und Ausgaben setzt eine Änderung des Paradigmas bei den sogenannten Interessensgruppen und Medien voraus. Aktuell stehlen diese den Menschen den lieben langen Tag die Zeit, indem sie die ganze Zeit irgendwas fordern. JFK sagte vor 60 Jahren: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst.“ Wir brauchen Menschen und Gruppen, die etwas beitragen, aber keine Gruppen, die dauernd meckern und fordern. (Podcast Folge 6: Forderungen)
  • Politik ist auf der finanziellen Seite im Blindflug unterwegs. Zukünftige Pensionsansprüche von Beamten tauchen nirgends als Rückstellungen auf. Eigentum des Staats taucht nirgends als Wert auf. Auch die Bildung unserer Kinder erscheint nur auf der Kosten- und nicht auf der Habenseite. Staatliches finanzielles Handeln orientiert sich immer noch an der Kameralistik (kommt vom Kämmerer, der den Schlüssel zu Schatzkammer des Königs hatte). Was der Kämmerer weiß, ist wie viel rein geht in die Kammer und wie viel raus geht. Was draußen ist, hat er keine Ahnung. Welche Verpflichtungen der König eingegangen ist, weiß er ebenfalls nicht. Jede Mini-GmbH hat mit der Bilanzierung ein besseres Instrument. Wenn ich nicht weiß, ob eine Geldausgabe Wert schafft oder vernichtet, fehlt mir eine zentrale Entscheidungsgrundlage. Und als Wähler kann ich auch nicht entscheiden, ob meine Steuergelder vernünftig eingesetzt wurden.
  • Politik darf nicht mehr von einem Laientheater gespielt werden. In jedem einigermaßen funktionierenden Unternehmen, bekommen Mitarbeiter, wenn sie Führungskräfte werden, ein Führungskräftetraining und später begleitend Führungs-Coachings. Die einzigen Trainings, die unsere Politiker je absolviert haben, sind üblicherweise Medientrainings. Mit anderen Worten: der Abteilungsleiter mit seinen 5 Mitarbeitern hat mehr über Führung gelernt als die Politiker, die 80 Mio. Menschen führen.

Vermutlich müssen bei der Neuerfindung der Demokratie noch einige andere Dinge berücksichtigt werden. Mir geht es bei dieser Auflistung um Folgendes: Diese Komplexität und Radikalität der Herausforderungen hat keiner der aktuellen Politiker auf dem Schirm. Soweit ich das beurteilen kann, auch niemand aus der zweiten Reihe. Es ist auch keine Frage der einen oder anderen Partei. Deswegen wird logischerweise auch niemand diese Herausforderungen angehen.

Selbst wenn es die jetzige Führungsriege wegbläst, wird sich deshalb die nächsten Jahre nichts an der Art, wie Politik gemacht wird, verändern. Das Krasse ist: In der Wissenschaft gibt es durchaus Leute, die so komplex denken und in der Wirtschaft gibt es Leute, die so führen könnten – aber die machen bislang einen weiten Bogen um die Politik, weil sie mit ihrer Lebenszeit wahrlich besseres anfangen können.

Und damit werden wir zwar in ein paar Monaten die Corona-Krise hinter uns gelassen haben, die politische Krise und das Siechtum beginnen aber erst. Und vermutlich wird sich da wirklich erst dann was verändern, wenn sich zuvor noch ein paar politische Dummbatze wie Trump versucht haben. Damit hier Klarheit herrscht: dieser Text ist keine Forderung an die Politik, es ist eine Diagnose. Und wir Unternehmer brauchen diese Diagnosen, damit wir eine Handlungsgrundlage haben.

Ich kann nur sagen: Machen wir als Unternehmer das Beste draus und tragen unseren Teil dazu bei! Nehmen wir die Dinge, die wir beeinflussen können, selbst in die Hand! Werden wir zu Vorbildern und zeigen, dass Führung auch anders gehen kann! Inspirieren wir die Menschen damit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen!

4 Kommentare

  • Stefan Merath - 16.04.2021
    Re: TREFFENDE ANALYSE, ABER: ES GIBT NICHT DIE POLITIKER

    Lieber Andreas,
    natürlich hast du Recht: es gibt nicht „die Politiker“. Leute wie die Bürgermeister von Tübingen oder Rostock hatte ich ja erwähnt. Aber solche Menschen sind die absoluten Ausnahmen. Und das hat auch seinen Grund: Im ersten deutschen Bundestag waren knapp 1/4 Unternehmer, heute sind es etwa 4%.
    Während meiner Studienzeit habe ich auch mal Politik gemacht – angesichts von schon damals völlig verkrusteten Strukturen und der Unmöglichkeit, wirklich ernste Dinge bewirken zu können, habe ich den Beschluss gefasst, nicht mehr in der Politik aktiv zu sein. Meine Lebenszeit kann ich effizienter einsetzen. Auch wenn ich mit Unternehmercoach nur ein Unternehmen mit gerade mal 30 Mitarbeitern und Coaches habe, konnte ich in den letzten 15 Jahren sicher mehr für Unternehmer bewirken, als wenn ich 15 Jahre lang in der Politik gegen Windmühlen gekämpft hätte. Vor diesem Hintergrund sind Unternehmer, wenn sie trotzdem in die Politik gehen, geradezu Helden. Meist leider tragische Helden, aber dennoch haben sie meinen ganzen Respekt!

  • Andreas Hettwer - 12.04.2021
    Treffende Analyse, aber: Es gibt nicht die Politiker

    Lieber Stefan,
    krass wie genau du den Verlauf der Pandemie vorhergesagt hast. Volle Zustimmung auch zu deiner Analyse der weiteren Entwicklung und zur Lage der Politik. Nur eines möchte ich noch hinzufügen: es gibt nicht die Politiker und ich bin froh dass es so ist. Die Menschen, die in Gemeinderäten, Kreis- und Landtagen die Politik bestimmen sollten aus allen gesellschaftlichen Schichten und Professionen kommen. Leider ist das nicht so. Wenn ich mich in unserem Gemeinderat umschaue, bin ich der einzige Unternehmer. Auch in anderen Vertretungen sind Lehrer, Beamte und Pensionäre deutlich überrepräsentiert. Meine Schluss: es muss nicht jeder Unternehmer Politiker werden, aber die Unternehmer sollten dafür sorgen, dass zumindest ein Teil der Unternehmer in den politischen Vertretungen aktiv ist.

  • Jogway - 25.03.2021
    Finanzkrise

    Hey Stefan, danke für den interessanten Artikel. Was denkst du, wann die Finanzkrise folgen wird? Bisher fällt sich der Aktienmarkt weiterhin positiv, was die Wirtschaft grob vorausschauend wiederspiegelt. Das schreit für mich nach einem Finanzcrash…

  • Britta Hering - 24.03.2021
    Think tanks

    Danke für Ihre interessanten Gedanken. Meiner Meinung sollte die Zeit vorbei sein, in der Politiker wichtige Entscheidungen – z. B. wie jetzt zur Bekämpfung der Pandemie – alleine in ihren Parteien oder Gremien treffen. Zu wirklich erfolgreichen, nachhaltigen und akzeptierten Massnahmen käme ein think Tank, dem Vertreter aus versch. Bereichen der Wirtschaft, Soziologen, Vertreter der Kirchen aus Kultur und Bildung usw. angehören. Und die Organisation von Impfung etc überlässt man unbürokratisch denen, die es können. Think outside the box! Wir können nicht Komplexität der Ereignisse mit zunehmender Bürokratie bekommen.

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