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Fachartikel Persönlichkeit

Das Streben nach Bedeutsamkeit

Unternehmer, insbesondere in den Gründungsjahren, sind meist deutlich mehr als 40 Stunden pro Woche im Unternehmen. Und, ich glaube, in der Anfangsphase muss das so sein, auch wenn Bücher wie „Das Feierabend-Startup“ oder „Das 4-Stunden-Startup“ etwas anderes suggerieren. Irgendwann kommt der Punkt, wo man richtig ranklotzen muss. Und, wenn man von seinem Unternehmen überzeugt ist, auch ranklotzen will. Und das ist auch gut so! Um in einem Bereich richtig gut zu werden, muss man nach Anders Ericsson 10.000 Stunden Training investieren. Wer nur 4 Stunden Training pro Woche investiert, ist nach 2.500 Wochen (knapp 50 Jahren) richtig gut darin. Das kann so nicht gehen!

Irgendwann kommt der Punkt, wo man richtig ranklotzen muss. Und, wenn man von seinem Unternehmen überzeugt ist, auch ranklotzen will.

Die Frage, die sich stellt, ist oft die: Warum machen Gründer/Unternehmer das eigentlich? Wo kommt all die Motivation her? Sich allein Nächte um die Ohren zu schlagen, wenn der Rest des Teams schon längst schläft oder bei der Familie ist? Vordergründig oft aus der Produktidee oder dem Bedürfnis nach Freiheit und Selbstbestimmung. Aber wenn man dann tiefer gräbt, stellen sich folgende Fragen: Was gewinne ich persönlich, wenn mein Produkt am Markt ankommt und das Unternehmen wie eine Rakete abhebt? In vielen – nicht allen – Fällen ist die Antwort am Ende Anerkennung oder Bedeutsamkeit.

So lernte ich einen Unternehmer kennen, der ein Milliardenunternehmen aufbauen wollte. Und als ich dann tiefer bohrte, warum er das wollte, kam zum Vorschein, dass sein Vater sehr erfolgreicher Unternehmer war und er nie Anerkennung von ihm bekommen hatte. Die unterschwellige Hoffnung war, erfolgreicher als der Vater zu werden, um endlich von ihm geschätzt zu werden. Natürlich wissen wir alle, dass das nie passieren wird. Ein anderer hatte eine Mutter, die ihm immer nur Anerkennung zollte, wenn er in der Schule eine 1 nach Hause brachte. Und bei einer 1,5 setzte es was. Der gelernte Mechanismus: Ich muss der Beste sein und dann haben mich die Menschen lieb. Von außen betrachtet klingt das bescheuert, aber das ist dennoch oft der Mechanismus.

Dieses Motiv nach Anerkennung und Bedeutsamkeit haben wir alle in gewissem Maße. Aber bei einigen ist das noch ausgeprägter und stärker. Es ist der Motor, um mehr zu geben als alle anderen. Und dann folgt auch irgendwann der Erfolg. Und dann… kippt das Ganze…

Warum das denn? Nun, das Bedürfnis nach Bedeutsamkeit ist erstens ein Bedürfnis, das nie wirklich dauerhaft befriedigt wird. Und zweitens führt ein solches Verhalten irgendwann zum Ausbrennen. Drittens hindert es mich oft daran, aus der Fachkraft-Falle zu entkommen. Und viertens führt es in die völlige Fremdbestimmung. Warum?

Nun, der Mechanismus, wie ich die Anerkennung und Bedeutsamkeit zu bekommen glaube, kommt durch außen. Ich erreiche ein Ziel. Ein anderer gibt mir die Bedeutsamkeit und Anerkennung. Oder er gibt mir als Kunde Geld und das wiederum gibt mir die Bedeutsamkeit. Der Haken daran ist: Genauso wie ich bei diesem Mechanismus eigentlich nur mit mir selbst beschäftigt bin, sind es die meisten anderen Menschen um mich herum auch. Sie haben gar keine Zeit und gar nicht die Aufmerksamkeit, mir Anerkennung und Bedeutsamkeit zu geben. Deshalb wird es auch immer zu wenig sein, so dass du noch mehr tust, um vielleicht wenigstens ein bisschen mehr von dem wenigen zu bekommen. Und du bleibst damit immer abhängig von außen.

geschaeftsmann abends im buero im unternehmen am telefon © marvent – Shutterstock.com

Fast noch fataler ist, dass es viele Selbständige darauf festnagelt, weiter Fachkrafttätigkeiten auszuführen. Das können sie nämlich super. Und dafür bekommen sie zeitnah Anerkennung vom Kunden. Oder ein Mitarbeiter kommt und will wissen, wie er das und das machen soll. Allein, dass der Mitarbeiter kommt, sorgt für Anerkennung und Bedeutsamkeit. Leider sorgt es auch dafür, dass alles weiter über den Tisch des Selbständigen läuft… Wenn ein Unternehmer hingegen eine neue Strategie entwickelt, dann kann das schon mal ein bis zwei Jahre dauern. Und bis die Strategie greift, gibt es meist deutlich mehr Gegenwind von Bedenkenträgern als Anerkennung. Brauche ich also als Selbständiger meinen Schuss Anerkennung, dann ist der einfachste Weg, ganz schnell ein paar Fachkraft-Tätigkeiten auszuführen.

Wir sehen also, zu Beginn ist dieser innere Motor wahnsinnig effizient: Er sorgt dafür, dass ich über alle Maße Gas gebe. Aber leider hat er ein paar Nebenwirkungen und bremst mich irgendwann komplett aus. Er führt in die völlige Abhängigkeit und Fremdbestimmung.

Ein Beispiel: Ich kannte einen herausragenden Speaker. Er brauchte die Anerkennung und die Bedeutsamkeit, die seine Zuhörer ihm gaben. Schließlich brachte er den größten Teil seines Lebens “on stage“ zu. Dann verlor er die Beziehung zu seinem realen Leben. Ein weiteres Wachstum konnte irgendwann nicht mehr stattfinden, da keiner mehr neben ihm bestehen konnte. Er blieb Selbständiger. Ich habe einen anderen Speaker kennen gelernt. Dieser wollte einen Beitrag leisten. Ob er auf der Bühne stand und die Menschen ihm applaudierten, war ihm egal. Er nahm den Applaus dankbar an, aber er brauchte ihn nicht. Als sein Unternehmen wuchs, ließ er anderen neben sich Platz und hörte schließlich ganz auf, öffentlich zu reden. Es gab nämlich eine wichtigere Aufgabe: sein Unternehmen und die darin wirkenden Menschen zu entwickeln. Dafür gab es nicht so viel Anerkennung, aber er konnte seinen Beitrag besser leisten.

Was war sein Geheimnis? Ganz schlicht: Er hatte gelernt, sich selbst zu lieben und sich selbst Anerkennung zu geben. Dieses Gut der eigenen Bedeutsamkeit war nicht mehr knapp, sondern jederzeit verfügbar. Das Zwanghafte, die Selbstlimitierung und die Fremdbestimmung verschwanden. Und in ein paar engumrissenen Bereichen sorgte er auch für externe Anerkennung.

Was war sein Geheimnis? Ganz schlicht: Er hatte gelernt, sich selbst zu lieben und sich selbst Anerkennung zu geben.

Ja sicher, die Energie ist dann nicht mehr so manisch wie bei den anderen, aber sie lässt sich viel zielgerichteter dosieren. Und das Leben fühlt sich wieder wirklich selbstbestimmt an. Und am langen Ende sind schließlich auch die Ergebnisse viel größer und in den Augen anderer auch bedeutsamer als die desjenigen, der nur nach äußerer Anerkennung strebt. Diese Anerkennung nimmt der, der gelernt hat, sich selbst zu lieben, dankbar und demütig an. Und dann leistet er wieder seinen Beitrag, weil ihm bereits das die Erfüllung gibt. So wirst du zu einem wirklich erfolgreichen Unternehmer.

9 Kommentare

  • Kersten Deutschmann - 25.03.2019
    Anerkennung

    Ich habe 50 Jahre um die Anerkennung meines Vaters gekämpft – erfolglos und ehrlich, ich hatte nie eine Chance. Ich bin dann meinen eigenen Weg gegangen, ganz anders, ganz neu. Hätte ich meinem Vater vorher etwas davon gesagt wären die üblichen Argumente gekommen wir „Was sagen die Nachbarn/ die Anderen“, „das ist vom System nicht gewollt, du fällst auf und bekommst Ärger“ ….

    Jetzt habe ich die Anerkennung meines Vaters! Ich bin verblüfft, stolz auf mich und auch stolz auf meinen Vater, der jetzt auch zugeben kann, dass ich tolles geleistet habe.

    1. Stefan Merath - 28.03.2019

      Liebe Kersten,
      das ist wirklich super, dass du dann auch die Anerkennung deines Vaters bekommen hast. Das ist eher die Ausnahme.

      Liebe Grüße, Stefan

  • Sommer - 24.03.2019
    Die Fachkräftefalle

    Wirklich wieder ein super Artikel. Auch die Bücher habe ich bereits alle gelesen und viele gute Ansätze kennen gelernt. Allerdings stehe ich mit meiner kleinen Agentur vor einem Problem – ich würde sehr gerne Aufgaben abgeben. Es ist jedoch kein Personal zu finden, welches die entsprechenden Aufgaben ausführen könnte. Es geht dabei tatsächlich nicht um absoluten Perfektionismus oder die Bereitschaft angemessene Gehälter zu zahlen. Ich wäre bereit, Mitarbeiter weiterzubilden und viele Freiheiten zu bieten, aber nach über 30 Telefoninterviews (die ich durchführe um die Schwelle niedrig anzusetzen und nicht zu viel Zeit für die falschen Bewerber zu investieren) bin ich ziemlich ernüchtert.
    Gibt es hier eventuell gute Ideen und Ansätze?

    1. Stefan Merath - 28.03.2019

      Hallo,
      der Weg mit den 30 Interviews ist schonmal richtig. Wir bei Unternehmercoach brauchen für eine Stellenbesetzung 75 Bewerbungen, einer meiner Kunden gar 250.
      Letztlich ist der entscheidende Ansatz der, die Perspektive zu wechseln: Was wollen die wirklich guten Mitarbeiter? Bietest du das? Ist das sichtbar?
      Denn bietest du nur einen Job, werden auch nur Leute kommen, die einen Arbeitsplatz suchen und wenn sie den dann haben, sich drauf setzen und fertig.

      Viel Erfolg bei der Mitarbeitersuche, Stefan

  • Jonas - 23.03.2019
    Super!

    Danke für den tollen Artikel!

  • Ibrahim - 21.03.2019
    Selbstliebe

    Vielen Dank für den Artikel! Gibt es Strategien/ Gewohnheiten/ Tipps die zu mehr Selbstliebe führen?

    1. Stefan Merath - 28.03.2019

      Lieber Ibrahim,
      ich kann dir entweder die Metta-Meditation (Buchtipp unter http://www.unternehmercoach.com/buchtipps/metta-meditation) oder den Dickens-Prozess empfehlen. Dieser ist unter anderem Bestandteil unseres Storytelling-Seminars (www.unternehmercoach.com/unternehmer-seminar-storytelling-positionierung-fuehrung.htm).

      Viel Erfolg, Stefan

  • Jochen Gebhardt - 21.03.2019
    Liebe dich selbst

    „Liebe dich selbst“.
    Ähnliches dazu habe ich vor kurzem schon in einem Buch gelesen. Das Buch heißt: „liebe dich selbst und es ist egal wen du heiratest“ Hier geht es darum, dass die Ehe dich wiederspiegelt. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen „Die Ehe ist das Spiegelbild des Unternehmers und dessen Firma ;)“

    1. Stefan Merath - 28.03.2019

      Lieber Jochen,
      ganz so weit würde ich jetzt nicht gehen. Es gibt einfach unterschiedlichste Lebensformen. Manche haben und wollen keine (feste) Partnerschaft und haben trotzdem super Unternehmen. Andere haben eine super Partnerschaft, bekommen es aber unternehmerisch überhaupt nicht auf die Reihe. Klar ist lediglich: Wenn es in Partnerschaft oder im Unternehmen Stress gibt, dann bleibt das nicht ohne Auswirkungen auf einen der anderen Lebensbereiche.

      Viele Grüße Stefan

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