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Führung/Mitarbeiter Neu

Kommunikation und Situation in der Führung

Ich gebe zu, der Titel klingt etwas schräg, aber zumindest hast du bis hier hin gelesen. Und dann werde ich auch mal wieder über die Ukraine schreiben. Aber bleib dran, wir können was für uns als Unternehmer lernen.

Zuerst zur Situation.

Bereits am 18. März schrieb ich, bevor der Angriff auf Kiew zurückgeschlagen wurde, warum die Ukraine gewinnen wird. Nun rückt die Ukraine im Osten und Süden vor und russische Soldaten fliehen in Ziviluniformen. Es ist kein Kunststück, zu prognostizieren, dass der Krieg umschlägt. Die meisten unterschätzen aber, wie schnell das gehen wird. Meist denken wir nur linear, aber Entwicklungen sind nie linear. Meine Prognose: Bis allerspätestens Ende des Jahres ist der Krieg zu Ende. Vermutlich schneller.

Warum? Nun, die Ukraine hat die Hauptlogistikader des russischen Militärs gekappt. Um da Klarheit reinzubringen: Es handelt sich täglich um mehrere tausend bis zehntausend Tonnen nur an Munition. Dazu kommen noch Nahrung, Ersatzteile, medizinische Versorgung usw. Was das heißt, wenn eine Logistikkette nur ein wenig angekratzt ist, weil ein chinesischer Hafen Corona hat, wissen wir hier in Deutschland gut. Was es heißt, wenn die Hauptlogistikader im Krieg unterbrochen wird, kann man sich als Nicht-Militär nur mit Mühe vorstellen.

Jetzt zur Kommunikation.

Die russische Seite erklärt, dass das eine bewusste Umgruppierung sei, um mehr Militär im Donbass einsetzen zu können. Das hat seinen Grund: Jeder Tag, an dem die russische Bevölkerung noch glaubt, gewinnen zu können, ist ein weiterer Tag in Freiheit und am Leben für Putin und seine Clique. So tun als hätte man alles unter Kontrolle und durchhalten bis zum Ende ist die einzige Option. In dieser Situation ist es schlicht egal, ob man lügt oder nicht. Kann man bei Unternehmern in der Insolvenzverschleppung auch beobachten.

Nochmal zur Situation: Die russische Seite hat den ganzen Krieg über ziemlich dilettantisch agiert. Aber so blöd, den Nachschub unbewacht zu lassen, ist nicht mal der blödeste Militär. Dass die Ukraine in 2-3 Tagen 50-100km in russisch besetztes Gebiet vorstoßen konnte, kann aber nur heißen, dass dort kein kampffähiges russisches Militär mehr war. Entweder gibt es dann gar nicht mehr genug einsatzfähige Kräfte. Oder – wahrscheinlicher – noch blöder sind immer die Politiker: Das Militär wurde gezwungen alle Kräfte südlicher im Donbass einzusetzen, um endlich einen Durchbruch zu liefern. Und da es insgesamt zu wenig Kräfte gab, wurde halt die Sicherung des Nachschubs geopfert, um den Forderungen der Politik nachzukommen. Wie auch immer: die russische Armee ist – zumindest in der konventionellen Kriegsführung am Ende. Zusammenbruch steht unmittelbar bevor.

Jetzt aber zur Kommunikation im Westen und in der Ukraine. Den eingeweihten Militärs und damit auch den Politikern ist dieser bevorstehende Zusammenbruch bewusst. Warum aber sprechen sie dann noch von einem monatelangen oder jahrelangen Kampf? Das hat zwei Gründe. Zum einen nach innen: Die Unterstützung darf gerade jetzt keinesfalls nachlassen. Da passt das Bild eines unmittelbar bevorstehenden Sieges nicht. Zum anderen nach außen: Wildes Siegesgeheul würde in Moskau wahrscheinlich zu unberechenbaren Aktionen führen. Also ist man schön dezent.

Man lügt zwar nicht, aber die Wahrheit sagt man auch nicht. Kurzfristig absolut nachvollziehbar. Mittel- und langfristig ist der Preis jedoch hoch: man hat wieder mal einen Beweis, dass man der Politik nicht glauben kann. Und wenn einem nicht geglaubt wird, wird Führung in Zukunft unglaublich schwer.

Für uns Unternehmer sollte in unserer Führung deshalb immer die Wahrheit oben stehen. Es braucht dann vielleicht noch klügere und klarere Kommunikation, um dennoch die Unterstützung aufrecht zu erhalten und eine evtl. Gegenseite nicht zu provozieren. Aber der langfristige Preis, nicht die Wahrheit zu sagen, ist einfach zu hoch.

Ach ja, für die, die es interessiert, als Fußnote noch meine Prognose zum Winter:

Dass sich Putin mit einem verlorenen Krieg halten kann, ist unwahrscheinlich. Dass sich dann sofort ein Demokrat wie Nawalny durchsetzt, auch. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass zuerst jemand aus dem Apparat die Macht übernimmt. Und wer auch immer das sein wird und was auch immer er will, er wird dazu Geld brauchen. Und Geld kommt nun mal in Russland vorrangig aus dem Westen.

Die Wahrscheinlichkeit ist also gegeben, dass derjenige – solange er nicht völlig verbohrt ist – Kreide fressen wird, ein paar Reformen macht und wieder Öl und Gas verkaufen wird. Der Westen hat ohne Öl und Gas ein mächtiges Problem, also wird man dem Nachfolger gerne glauben, dass er Reformen durchführt – notfalls auch mit 2 zugedrückten Augen.

Was heißt das für uns?

Ziemlich einfach: Die Gas- und Ölpreise werden spätestens zu Beginn des nächsten Jahres sinken. Die Inflation wird etwas zurückgehen. Aber die Logistikprobleme und die Abkopplung von China werden weiter gehen. Der Arbeitskräftemangel wird weiter gehen. Trump wird als Wiedergänger Präsidentschaftskandidat. Und Kassandra Lauterbach wird – bevor er abgesetzt wird – noch mal ein bisschen lauter werden. Also ruhige Zeiten kommen sicher nicht.

4 Kommentare

  • Matthias Lange - 28.10.2022
    Diese Fehlprognosen...

    Ich muss bei den Artikeln zur Ukraine und zu Corona meist süffisant lächeln. Soviele Fehlprognosen, die sich nach einigen Wochen meist ins Gegenteil verkehren und das alles nur aufgrund inkorrekter Annahmen. Mich wundert, dass du deine Artikel stehen lässt, nachdem sich die Ankündigungen nicht bewahrheitet haben 😉

    Als ehemaliger Kunde hab ich dich oft für deinen klaren Blick auf unternehmerische Prozesse und deine wundervolle Art, diese in Metaphern auszudrücken, geschätzt. Mit politischen Artikeln jedoch sinkt dieses Bild massiv, es geht sogar in die Schublade „muss er das schreiben?“

    Die Welt wird sich sehr schnell wandeln. Russland spielt, und das wahrscheinlich sogar gemeinsam mit Selenski, ein wunderbares Katz-und-Maus-Spiel mit dem Westen, der seine systematische Niederlage noch nicht einsehen will und daher Stück für Stück auf allen Ebenen zerlegt wird. Und das ist gut für uns: Denn EU-Waffen, die in der Ukraine verschrottet werden, können gegen die westeuropäische Bevölkerung nicht mehr eingesetzt werden.

    Diese Fehlprognosen mögen menschlich bedingt sein. Daher einfach ein Vorschlag: Versuch dich einfach auf den Gedanken einzulassen, dass die Grundannahmen und Grundglaubenssätze bzgl. beider Themen (Corona, Ukraine, eigentlich ist es ein Thema) nicht stimmten und dass jetzt das Gedankengebäude neu aufgebaut werden darf. Ähnlich wie bei der Umstrukturierung eines Unternehmens wird auch die westliche Welt komplett ihr Dasein verändern – wie übrigens auch die KPC, die gerade zerbricht, während Xi fester im Sattel sitzt als je zuvor. Und auch das ist leicht nachvollziehbar…

    Herzliche Grüße
    – Matthias, ein ehemaliger Teilnehmer deiner Kurse

    1. Merath Stefan - 03.11.2022
      Lieber Matthias, Danke für...

      Lieber Matthias,

      danke für dein Feedback. Die Möglichkeit, dass man bei einer Prognose mal daneben liegt, ist durchaus gegeben. Und Stand jetzt sieht es so aus, dass ich mich da tatsächlich zeitlich verschätzt haben könnte. Betrachte ich hingegen meine Prognosen seit Februar 2020 in Summe, würde ich einschätzen, dass ich bei etwa 3/4 richtig lag.

      Beispiele:
      1) es war nicht Mainstream, im März 22 vorauszusagen, dass die Ukraine gewinnen würde (https://www.unternehmercoach.com/blog/warum-die-ukraine-gewinnen-wird/) – wenn man aber die Frontverläufe (oder den Zustand der Armeen) im März und jetzt vergleicht, ist dies (auch wenn der Krieg noch nicht zu Ende ist) durchaus eingetreten.

      2) es war ziemlich realistisch (und nicht Mainstream), Ende Februar 20 vorauszusagen, dass 3-4 Wochen später ein Lockdown kommt, der 2-3 Monate anhält, wir dann einen einigermaßen ruhigen Sommer 20 und im Winter 20/21 eine zweite Welle haben werden, bis im Sommer 21 ein Impfstoff da sei (https://www.unternehmercoach.com/blog/auswirkungen-auf-die-geschaeftsmodelle/).

      3) Es war ziemlich realistisch, Anfang 22 (vor dem Ukraine-Krieg) eine Inflationsrate von etwas über 10 Prozent zu Ende 22 vorherzusagen. (https://www.unternehmercoach.com/blog/warum-die-inflation-kein-voruebergehendes-phaenomen-ist-und-was-das-fuer-uns-unternehmer-bedeutet/)

      4) Es war ziemlich realistisch im März 22 vorherzusagen, dass China nicht von seiner harten Corona-Politik ablässt usw. (https://www.unternehmercoach.com/blog/warum-die-inflation-noch-immer-unterschaetzt-wird/)

      Diese Prognosequalität reicht mir 🙂 Aber, das ist ganz wichtig: mir ging es nie um Prognosen oder Politik, sondern darum, wie man aus Mustererkennung, Führungssystem und -qualität Dinge voraussagen kann. Führung ist meiner Meinung nach DER Schlüssel zur Lösung der wichtigsten unternehmerischen und auch politischen Fragen. Und wenn ich das glaube, dann müssen Prognosen auf Basis von Führungsqualität einigermaßen zutreffend sein. Das waren sie in den letzten 2,5 Jahren ziemlich gut. Und deswegen lasse ich auch falsche Prognosen drin, damit man draus lernen kann.

      Wichtig ist mir, dass wir hier keine politische Diskussion führen, sondern wenn, dann über Führungssysteme und -qualität. Dass ich es anhand von Politik und Weltwirtschaft beschreibe hat lediglich den Grund, weil das für jeden offensichtlich und überprüfbar ist. Die 0815 GmbH würde keiner kennen.

      Liebe Grüße,
      Stefan

  • Olaf Jantzen - 02.10.2022
    Lieber Stefan, herzlichen Dan...

    Lieber Stefan,
    herzlichen Dank für Deine Ansichten und Erkenntnisse. Die machen in Bezug auf die Ukraine echt Mut…
    Mich beeindruckt einmal mehr, wie Du hier auch die Brücke zur Führung im Unternehmen baust.

    In Deinem aktuellen Podcast beantwortest Du Fragen der Kunden. Bei dieser Frage:
    8. Woher bekomme ich seriöse Informationen zu den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen und aus welchen Quellen informierst du dich über Themen wie zum Beispiel aktuelle Inflation?
    Nanntest Du ganz kurz die Quelle Deiner Informationen, von der dann alle abschreiben…
    Wie finde ich diese Informationen? Gibt es einen Link?
    Herzliche Grüße
    Olaf Jantzen

    1. Louisa Hellmann - 05.10.2022

      Lieber Olaf,

      vielen Dank für deine Nachricht und dein Feedback zu Stefans Blogartikel.

      Der Link zur Quelle (vom Podcast) lautet:
      http://www.understandingwar.org

      Liebe Grüße,
      Louisa vom UC-Team

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