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COVID-19

So geht man mit der Krise um! – Interview mit einem Messebau-Unternehmer

Matthias Strupowski hat als Messebau-Unternehmer die Auswirkungen der Krise schon früh zu spüren bekommen. Von der Hochsaison zu leeren Auftragsbüchern waren es bei ihm nur wenige Tage. Und während seine Mitarbeiter erst nach und nach realisierten, in welche Situation dies das Unternehmen brachte, hat Matthias mutig angepackt: Mitarbeiter an andere Unternehmen verliehen, den Fuhrpark reduziert, unnötige Bestellungen storniert, Stundungen zu einem Zeitpunkt vereinbart, als Banken dies noch für übertrieben gehalten haben. 

messebau-unternehmer matthias strupowski

Dein Unternehmen baut Messestände. Was bedeuten für dich die Messeabsagen durch den Coronavirus?

Als Messebauunternehmen hat es uns so ziemlich als erste getroffen mit der Krise. Während noch Fußballstadien und Konzerte voll besucht waren und das auch für die Verantwortlichen vollkommen ok ging, wurden Messen als Gefahr gesehen.

Innerhalb von nur einer Woche sind wir von 130% Auslastung mitten in der Hochphase der Messesaison auf 0% heruntergefahren worden. Schon früh war uns klar, dass die Messen für dieses Halbjahr auf der Kippe standen. Mittlerwiese ist es fast zum Totalausfall aller Messeprojekte bis zum August gekommen. Damit trifft es unsere Branche extrem hart, weil diese Umsätze unwiederbringlich verloren sind.

Welche Maßnahmen ergreifst du, um dem Geschäftseinbruch entgegenzuwirken?

Sofort haben wir alle Kosten auf das nötigste reduziert. Unser Fuhrpark wurde sofort zu 85% vorrübergehend stillgelegt, alle Bestellungen ausgesetzt und nicht zum Überleben wichtigen externe Aufträge storniert. Wir haben sofort eine Aussetzung aller Zins und Tilgung beantragt um Liquidität zu schonen. Dies zu einer Zeit, wo noch keiner eine Krise vermutet hat oder sehen wollte, mit dem Hinweis der Hausbank, dass es sogar Folgen eines negativen Makels hätte. Eine Woche später war davon dann keine Rede mehr, sondern eher positives Liquiditätsmanagement. Das war auch in den vergangenen Wochen immer wieder der Fall, – was heute ist, ist morgen schon lange überholt. Die Zeit war und ist extrem dynamisch und unkalkulierbar. 

Wie kommunizierst du die Situation mit deinen Mitarbeitern?

Messen waren in der Vergangenheit etwas Unumstößliches, da gab es kein „wir sind nicht fertig“, oder „das schaffen wir nicht“. Um so härter waren die Mitarbeiter von der Situation verunsichert. Volle LKWs an der Messe, z.T. schon vor Ort und dann Alles zurück und wieder aus und umladen. Eine ständige Wandlung der Projekte in der ersten März-Woche und dann in den letzten Minuten auch bei den letzten Messen aus der Projektzeit die Absagen. Das hat an den Nerven der Mitarbeiter und natürlich in der Geschäftsleitung extrem gezehrt.
Viele Mitarbeiter haben in dem Trubel noch gar nicht realisiert, was es für ein Ausmaß es annahm, – erst als die sozialen Medien von dem Fall erster Unternehmen und der Entlassung von Kollegen berichteten, wurde das Ausmaß sichtbarer und rückte in die Wahrnehmung.

Wir haben unser Mitarbeiter täglich auf dem Laufenden gehalten zu den Entwicklungen, diese diskutiert und dann Handlungen abgeleitet. Anfänglich dachten wir ja auch nur es betrifft uns in der Messebranche alleine und ich habe im Netzwerk für die Mitarbeiter andere Beschäftigungen zur Überbrückung bei Industriezulieferern gesucht und gefunden. Aber auch diese Gedanken überholten sich schnell, denn die Krise wurde spürbarer auch für alle Branchen und damit brachen auch meine Rettungsideen immer weiter ein.

Wir haben früh über das Instrument der Kurzarbeit gesprochen und schon früh die Anträge gestellt und waren immer 2 Wochen eher als die restliche Wirtschaft.
Für uns ist klar, – es gibt keine Projekte mehr bis Ende Mai und wir hoffen noch auf einen kleinen Rest im Juni ansonsten erst wieder mit Ende August.
Wir wollen es für die Mitarbeiter erträglich halten, denn 60% KUG sind nicht haltbar. Unsere Mitarbeiter sind die wichtigste Komponente und die müssen wir bei der Stange halten. Wenn also keine weitere Anpassung der KUG Prozente kommen sollte, werden wir von unserer Seite aus den Sparzeitkonten der MA aufstocken. Wir sind Dienstleister und dafür benötigen wir unsere guten Mitarbeiter.

Was erwartest du, wie sich die Situation für dich und für die Messebranche entwickeln wird? Wie lange erwartest du die Durststrecke?

Die Messebranche wird sich verändern, -drastisch! Es wird auch sein Gutes haben, denn ich gehe davon aus, dass die stets am Limit und immer günstigen Marktbegleiter diese Zeit nicht überstehen werden. Es werden auch viele Unternehmen aus den osteuropäischen Ländern nicht mehr dabei sein. Die Wirtschaft wird sich erholen, aber auch andere Lösungen bei den Messen suchen. Nachhaltigkeit und schnelle, budgetorientierte Stände werden im Fokus stehen. Da es weniger Dienstleister geben wird, besteht auch wieder die Chance mit guten Lösungen eine vernünftige Rendite zu erwirtschaften.

Für die Branche bedeutet dies eine Durststrecke bis in den Sommer. Vielleicht mit viel Glück, ein paar Projekte noch im Juni. Bis aber vernünftige Umsätze wieder erlöst werden können ist es September. 

Wird sich die Branche dadurch langfristig verändern?

Ich erwarte damit eine komplette Veränderung der Messebranche. Die guten Marktbegleiter haben sich gut aufgestellt und kennen eine Durststrecke über den Sommer. Ein großer Teil kann mit Herabsenkung der Fixkosten eine Zeit von ca. 4 Monaten durchstehen. Danach wird es aber für alle eng und es müssen Lösungen dafür her. Die Bundesregierung hat hier entsprechende Maßnahmen angekündigt, das gilt es abzuwarten. Kredite sind hier nicht die sinnvolle Lösung, aber erst einmal eine Maßnahme.

Meines Erachtens werden, und so ist auch die Meinung des Verbandes, die Hälfte der Unternehmen diese Krise nicht überstehen. Dies liegt daran, dass wir nach derzeitigem Stand erst wieder richtig nach der Sommerzeit anlaufen werden. Der Einzelhandel und vielleicht auch viele andere Betriebe, die keine verderblichen Waren handeln haben den Vorteil, dass Sie sofort wieder starten und verkaufen können. China zeigt ja schon, dass es dort mit dem Konsum nach der Zeit des Verzichts wieder positiv anläuft. Unsere Messen und Veranstaltungen sind unwiederbringlich verloren. 

Es werden sicherlich auch Aussteller in der Zukunft eine andere Sicht zu Messen bekommen und ggfls. reduzieren, zumindest für einige Zeit. Aber das sind dann auch die Verlierer, wenn Sie denn wieder durchstarten wollen, denn es wird weniger Dienstleister geben und damit auch für uns eine bessere Auswahl der Kunden möglich sein.
Ich sehe darin auch eine Chance. Wichtig ist für uns gute Mitarbeiter und externe Dienstleister auch dann für die zukünftigen Aufträge zu haben. 

Wer unterstützt dich in der aktuellen Situation?

Der Rückhalt in der Familie und durch meine Frau ist mir persönlich wichtig, denn auch ich hatte Phasen, wo mich die Situation gestresst hat. Reden hilft viel und der Austausch, dass dies nicht die erste Krise ist, die wir durchgestanden haben. Ich bin auch froh, dass ich zwei junge Gesellschafter an der Seite habe. Das bringt neue Ideen, andere Sichtweisen und kollektive Motivation. Neue Ideen auch über den Tellerrand schauen und alternative Geschäftsfelder finden und bearbeiten. So bauen wir mit unseren Maschinen jetzt gerade für alle Apotheken, Banken und LEH Schutzscheiben aus Plexiglas. Das fängt zwar nicht den Verlust auf, gibt aber positive Energie und natürlich auch einen guten Beitrag zur Reichweite. 

Was tust du, um selbst positiv und optimistisch zu bleiben?

Ich selber halte meine Rituale zu einem hohen Anteil aufrecht und schaue positiv auf die Dinge die ich leiste und geleistet habe. Meditation ist wichtig, ebenso wie sportlicher Ausgleich. Ich tausche mich im Verband und natürlich in den Unternehmer-Netzwerken aus und ich habe durch Unternehmercoach gelernt die Stuckstate zu erkennen und Sie aufzubrechen. Negative Gedanken sind Energieräuber. Ich achte auf eine ausgewogenen Ernährung um über Tag Leistung bringen zu können und ich beschäftige mich vornehmlich am Tag mit der Situation und vermeide am Abend mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Damit kann ich die Gedanken runterfahren und schlafe nachts besser und intensiver.
Natürlich inspiriert mich mein BT und versuche Impulse zu geben und auch zu bekommen.

Ich habe zu Anfang der Krise den totalen Verlust für mich beruflich und privat akzeptiert und mich von allen Dingen verabschiedet. Ich habe gedanklich Haus und Hof verkauft und konzentriere mich nun darauf Alles zu tun, um diesen Verlust nicht zu realisieren. Dadurch lähmen mich aber die Verlustängste und Schmerzen nicht mehr und ich konzentriere mich auf das Wesentliche.

Wirst du aus dieser Erfahrung heraus an deiner Unternehmensstrategie etwas ändern, wenn der Sturm vorüber ist?

Ein wichtiges Thema zur Veränderung und das werde ich noch forcierter verfolgen ist das ich nur noch mit guten Kunden arbeiten möchte, die in jeder Lage zu dir halten. Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn dich ein Kunde anruft und dir sagt, dass er dir sofort 10 TEUR überweisen wird, um dich in dieser Zeit zu unterstützen und wenn das 10 weitere Kunden noch machen würden, dann würde es uns ja durch diese Zeit helfen…. 

Oder andere einfach ohne Kompromisse zu ihren Verträgen stehen, – dafür machen wir uns später gerne wieder „krumm“. Und noch viel wichtiger ist es über den Ausbau der finanziellen Reichweite eine Sicherheit für solche ungeplanten und unkalkulierbaren Situationen zu haben. Wir haben durch eine hochinvestive Phase im Vorjahr unsere Reichweite etwas eingebüßt, so einen Fehler sollte man als Unternehmer nicht wieder machen. Reichweite ist Reichweite und bringt Sicherheit und sollte nur dafür genutzt werden. 

Welche Tipps hast du für andere Unternehmer, wie sie eine solche Situation überstehen oder vielleicht sogar vermeiden können?

Jeder Unternehmer muss sich überlegen wie spitz er sich ausrichtet. Uns hilft im Moment durch die Zeit, dass wir noch ein weiteres kleines Standbein haben, was zu den Grundkosten beitragen kann. Wer das nicht hat, sollte sich zumindest in der Schublade eine Idee haben, was er mit seinen Mittel und Kenntnissen machen kann, wenn sein Geschäftsbereich wegfällt oder nicht mehr laufen kann. Auf die Frage: „Was kann ich machen, wenn…“ sollten ein paar gute Antworten auf dem Zettel stehen. Wenn da nichts Gescheites drauf steht, dann sollte das Thema Finanzielle Reichweite einen sehr hohen Stellenwert haben.

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