Warum man seine Entwicklung planen sollte
Unternehmer haben oft ambitionierte Ziele. Das ist auch gut so. Denn: Wer nicht nach den Sternen greift, bringt die Füße nicht vom Boden. Gerade bei langfristigen Zielen, also solchen, die 7 Jahre und mehr in der Zukunft liegen, ist es entscheidend, dass sie unerreichbar erscheinen. Unser Gehirn will diesen Widerspruch überwinden. Und dazu gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder wir verabschieden uns vom Ziel. Oder wir verabschieden uns von der jetzigen beschränkten Realität und schaffen eine neue.
Hochgesteckte Ziele erfordern eine Änderung der eigenen Persönlichkeit. Wenn jemand ein kleines regionales Geschäft mit 5 Mitarbeitern betreibt und in 7 Jahren deutscher Marktführer werden will, dann muss sich nicht nur sein Unternehmen verändern. Vor allem der Unternehmer selbst muss sich verändern. Das umfasst nicht nur die Fähigkeiten und Kompetenzen, sondern auch die eigenen Einstellungen und den Umgang mit seinen Emotionen.
Das Ziel heißt also, der Unternehmer muss sich bilden. Nicht in einem abstrakten, humanistischen Sinn, auch nicht in einem esoterischen Sinn und schon gar nicht in einem schulischen Sinn, sondern in dem Sinn Aldous Huxleys: „Das große Ziel der Bildung heißt nicht Wissen, sondern Handeln“. Und um anders handeln zu können, sind eben nicht nur andere Fähigkeiten, sondern auch andere Einstellungen und Emotionen nötig.
Bei vielen Selbständigen und Unternehmer sehe ich eine große Diskrepanz. Auf der einen Seite werden – zumindest von den Unternehmern, die überhaupt schriftlich definierte langfristige Ziele haben – ausführliche Pläne zur Entwicklung des eigenen Unternehmens erstellt. Auf der anderen Seite findet die persönliche Entwicklung und Bildung eher sporadisch und zufällig statt.
Folgende Grundformen lassen sich beobachten:
Learning by doing. Man benötigt in einer bestimmten Situation bestimmte Kompetenzen und eignet sich diese eben dann an, wenn man sie braucht. Immer dann, wenn es sich um Fertigkeiten handelt, die man schnell erlernen kann, ist das eine effektive Lernmethode.
Benötigt man jedoch länger dazu, so wird diese Methode zum Flaschenhals, die die weitere Entwicklung aufhält, bis man das Nötige gelernt hat. Und das kann manchmal Jahre dauern…
Learning by Zufall. Beim Stöbern im Internet findet man ein schickes Seminar oder ein Buch zu einem Thema, das einen schon immer interessiert hat. Oder man redet mit jemand und bekommt eine tolle Empfehlung. Und weil einen das anspricht und man das schon immer mal lernen wollte, liest man das Buch oder bucht das Seminar. Nun ist Lernen an sich nicht verkehrt. Aber dass das Gelernte in diesem Fall auch immer nützlich ist, kann man kaum erwarten.
Learning by imitation. Man macht eben alles nach, was andere auch machen. Das ist sicher eines der machtvollsten Lerninstrumente überhaupt. Zumindest dann, wenn man sich die Person, die man imitiert genau aussucht und diese Person dort ist, wo man hin will – oder zumindest schon ein paar Meter näher dran. Die Schwierigkeit dabei: Man lernt kaum zu unterscheiden, was von dem, was man lernen könnte, wirklich wichtig ist und was nur Schrullen sind. Und in manchen Situationen ist der Weg anderer für einen selbst schlicht nicht gangbar.
Learning by Lehrplan. Es gibt einige wenige neuere Ausbildungen zum Unternehmer. Das geht so: Einige Leute, die selbst nie Unternehmer waren, habe sich zusammen gesetzt und einen Lehrplan mit den Inhalten entworfen, von denen sie glauben, dass ein Unternehmer sie wissen müsste. Herausgekommen ist eine Art Lehrplan für MBAs. Der kleinere Nachteil: Das für Manager relevante Wissen hat nahezu nichts mit dem für Unternehmer relevanten Wissen zu tun. Der größere Nachteil: Unser Ziel ist nicht Wissen, sondern andere Handlungen, Einstellungen, Emotionen. Das lernen Sie dort so wenig wie sonst wo in unserem Bildungssystem.
Das Resultat in all diesen Fällen: Als Unternehmer kommt immer wieder in Situationen, bei denen man nicht weiter kommt, weil man selbst ein anderer Mensch sein sollte, es aber noch nicht ist. Die eigene Bildung matcht nicht mit den Herausforderungen, die man sich durch seine Vision selbst gestellt hat. Und zwar nicht, weil man nicht weiter sein könnte, sondern schlicht, weil man es verpennt hat, sich rechtzeitig gezielt weiterzuentwickeln.
Oder noch kürzer: Ohne geplante Bildung seiner selbst ist der Unternehmer zuerst die treibende Energie, dann der begrenzende Engpass. Oder wie ich schon in den „Aufgaben des Unternehmers“ schrieb: „Wenn Ihr Unternehmen wächst, haben Sie zwei Möglichkeiten. Entweder Sie wachsen mit und haben Erfolg. Oder Ihr Unternehmen wächst Ihnen über den Kopf und Sie gehen unter.“
Wie man vorgeht
Der erste Schritt besteht darin, seine langfristigen Ziele für alle Lebensbereiche zu notieren. Also Ziele, die sieben Jahre oder mehr in der Zukunft liegen und aus den sieben Lebensbereichen Persönlichkeit und Lernen, Freude und Emotionen, Partnerschaft und Familie, Freude und Netzwerk, Körper und Gesundheit, Finanzen und Materielles, Unternehmen und Unternehmersein stammen. Für jeden dieser sieben Lebensbereiche sollten Sie die vier Aspekte Sein, Tun, Haben und Geben berücksichtigen.
Am besten nutzt man hierzu eine Mindmap, die man täglich sieht, ergänzt oder abändert. Am besten DIN A0 direkt an seiner Zimmerwand. Nach einigen Wochen oder Monaten kristallisiert sich eine ziemlich stabile Vorstellung der eigenen Zukunft heraus. Schnellschüsse in der seminarüblichen Form: ‚Wir schreiben jetzt mal in einer halben Stunde unsere Ziele nieder‘ können Sie vergessen: Das sind wenig stabile Momentaufnahmen, die selten Wirkung entfalten.
Das war die Vorbereitung. Der nächste Schritt besteht darin, dass man notiert, was man in 7 Jahren machen wird. Wie sieht der Tagesablauf aus? Wie sieht das ganze Jahr aus? In welchen Situationen findet man sich wieder? Wie reagiert man in diesen Situationen? Dabei sollte man sehr ins Detail gehen. Auch hier sollten Sie sich einige Wochen Zeit lassen, um sich genau auszumalen, was Sie in sieben Jahren tun werden.
Zum Beispiel könnten bei unserem eingangs erwähnten Unternehmer, der jetzt 5 Mitarbeiter hat und Marktführer werden will, ziemlich viele Meetings stattfinden. Das ist aber viel zu ungenau. Wer nimmt an den Meetings teil? Was sind das für Menschen? Wie sieht die eigene Rolle aus?
Nehmen Sie sich dafür richtig viel Zeit, um sich diese Situationen und Handlungen auszumalen. Es ist dabei völlig egal, ob sie es jetzt schon ausführen könnten oder nicht. Auch das lässt sich hervorragend in Form einer Mindmap entwerfen.
Wenn Sie nun zwei Mindmaps haben, dann stellen Sie sich ganz einfach die Frage, wo die Diskrepanzen zwischen Ihren jetzigen Fähigkeiten und den dann nötigen Fertigkeiten sind. Im Beispiel: Sie wollen Meetings machen, die effektiv sind und an denen hochkarätige Manager, die bei Ihnen angestellt sind, teilnehmen. Ihre jetzigen Meetings sind aber chaotisch und Sie fühlen sich gegenüber Top-Managern manchmal unsicher. Außerdem gehen Sie schnell in die Luft.
Also schreiben Sie in eine Liste die drei Fähigkeiten: effektive Meetings führen, souveräner Umgang mit erfolgreichen Menschen, ruhiger werden. Nach einem ähnlichen Muster gehen Sie komplett beide Mindmaps durch. Insbesondere bei den Diskrepanzen zwischen jetzt und in sieben Jahren sollten Sie auch die Einschätzung einer dritten Person einholen. Möglichst jemand, der bereits dort ist oder war wo Sie hin möchten. Diese Person wird sehr wahrscheinlich weitere Punkte erkennen. Insbesondere auch aus dem Bereich der Einstellungen, da man dort bei sich selbst eher blind ist.
Was haben Sie davon? Erstens: Sie haben die typischen „Ich müsste mal … (italienisch lernen, mich mit Kunst beschäftigen etc.)“-Lernvorhaben eliminiert: Es bleibt nur das übrig, was Sie für Ihre Vision wirklich benötigen. Zweitens: Sie haben eine klare Vorstellung davon, was Sie lernen müssen und wie Sie sich entwickeln müssen, um Ihre Vision überhaupt leben zu können.
Nun gehen Sie den vorletzten Schritt an: Sie wiederholen die obigen beiden Mindmaps mit Ihrer Zielstellung bezogen auf 1 Jahr. Dann filtern Sie aus der Liste mit den zu erlernenden Kompetenzen die heraus, die sie auch in einem Jahr schon benötigen werden. Diese Liste ergänzen Sie noch um die Kompetenzen, für die Sie länger als ein Jahr brauchen, um sie zu erlernen.
Im letzten Schritt finden Sie die richtigen Maßnahmen, um die einzelnen Fähigkeiten, Kompetenzen oder Einstellungen zu erlernen. Dabei sollten Sie zumindest bei den drei wichtigsten Kompetenzen einen Experten als Trainer oder Coach hinzuziehen. Nur dadurch ist gewährleistet, dass Sie sich schnell in die richtige Richtung entwickeln.
Mit einem solchen Verfahren beginnen Sie wirklich der Designer Ihres Lebens und Ihrer selbst zu werden. Ihre Entwicklung ist völlig an Ihrer Vision ausgerichtet und Sie schaffen sich einen Weg, Ihre Vision zu verwirklichen und selbst so zu werden, wie Sie in Ihrer Vision bereits sind.
Wenn Sie bei diesem Prozess Unterstützung benötigen, wäre ein spezialisiertes Unternehmercoaching hilfreich für Sie. Nehmen Sie Kontakt auf.
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2 Kommentare
Hallo Stefan,
hast du ein kleines kurzes Beispiel was du genau mit diesen 4 Aspekten meinst? Das wäre toll. Vielen Dank.
Was ihr macht ist echt hammergut. Ich fühle mich total verstanden. Deine drei Bücher waren 2021 die Highlights für mich.
Liebe Grüße Holger
Lieber Holger, vielen Dank für das Lob! Mit Sein, Haben, Tun und Geben ist gemeint, dass du für jeden Lebensbereich deine Ziele in diesen 4 Kategorien aufschreibst. Ein Beispiel für Sein: ich möchte Schwarzgurtunternehmer werden. Beispiel Haben: ich möchte xx finanzielle Rücklagen aufbauen. Beispiel Tun: Ich möchte 4x die Woche 1 Stunde joggen gehen. Beispiel Geben: ich möchte mit meiner Firma das örtliche Kinderheim unterstützen. Mehr zum Thema Zielebestimmung findet sich auch in meinem Buch Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer oder in unserem Unternehmersystem. Liebe Grüße, Stefan