Wie sich die Glaubenssätze von Selbstständigen und Unternehmern unterscheiden
Warum manche selbstständige nicht Unternehmer werden
Ich erfahre oft, dass Selbständige auf dem Weg zum Unternehmer den Unterschied zwischen diesen beiden Seinszuständen (vgl. Die zweite Wachstumshürde – Der Übergang vom Selbständigen zum Unternehmer) verstehen. Auch die Bedeutung, dass diese Betrachtungsweise wirklich alles ändert und den Kern des unternehmerischen Selbstbilds prägt, wird klar. Trotzdem bleiben diese Menschen bei der Rolle des Selbständigen haften.
Nun ist das nichts Schlechtes, wenn man sich bewusst für die Rolle des Selbständigen entscheidet. Das Problem beginnt, wenn man sich bewusst für die Rolle des Unternehmers entscheidet und dann den Wechsel doch nicht vollzieht. Sicher gibt es äußere Umstände, die erfordern, dass der Selbständige noch überwiegend Fachkraftarbeit ausführt. Dennoch lassen sich immer Wege finden, diesen Übergang trotzdem zu schaffen.
Findet der Übergang über längere Zeit trotz erklärtem Wunsch nicht statt, kann das Konzept der Glaubenssätze weiter helfen.
Aus meinen Coachings mit Selbständigen und Unternehmern kenne ich eine ganze Reihe von Glaubenssätzen. Diese sind oftmals ein gutes Indiz dafür, ob der Übergang einfach gelingt oder eher schwer wird. Eine (unvollständige) Übersicht lautet wie folgt:
Aber was sind Glaubenssätze eigentlich?
Glaubenssätze existieren nicht in unserem Gehirn! Was jedoch existiert, sind emotional aufgeladene Referenzerfahrungen – selbst erlebte oder solche, die wir erzählt bekamen. Es existiert also genau genommen kein Glaubenssatz „Ich kann alles selbst am Besten“. Was aber existiert, sind Erfahrungen mit Mitarbeitern, die etwas schlechter erledigten als man selbst. Oder Erfahrungen in Schule und Ausbildung, wenn man in einem bestimmten Bereich der Beste war.
Gibt es mehrere Erfahrungen, die sich zusammenfassen lassen zu „ich kann alles selbst am Besten“, spricht man von einem Glaubenssatz. Letztlich handelt es sich nur um verdichtete Erfahrungen. Und manchmal reichen wenige einzelne Erfahrungen, um einen allgemeinen Glaubenssatz zu formulieren. Dabei ist die sprachliche Äußerung der verdichteten Erfahrung als „Glaubenssatz“ nur sekundär. Primär und entscheidend ist nun, dass bei solchen verdichteten Erfahrungen in konkreten Situationen überhaupt nicht mehr nachgedacht wird – unser Gehirn arbeitet am liebsten auf Auto-Pilot. Sobald nun eine anspruchsvolle Fachkraftaufgabe hereinflattert, übernimmt man diese automatisch selbst. Alles andere wäre vor dem Hintergrund dieses Glaubenssatzes auch bescheuert.
Genauso ist es auch mit den anderen oben aufgeführten Glaubenssätzen. Glaube ich, dass Geld wertvoller als Zeit ist, so werde ich immer bei jeder neuen Aufgabe Zeit einsetzen und noch mehr arbeiten. Nur um das Geld zu sparen.
Die Änderung der Glaubenssätze
Glaubenssätze sind also gewissermaßen Modelle, die beschreiben, wie bestimmte ähnliche, emotionale Erfahrungen so zusammengefasst werden, dass sie handlungsleitend werden – und zwar ohne dass in der entsprechenden Handlungssituation nochmal separat darüber nachgedacht wird. Das Gehirn arbeitet in dieser Situation einfach mit einem Mustervergleich.
Der erste Schritt besteht nun darin, zu identifizieren, welcher Glaubenssatz Sie davon abhält, den Weg zum Unternehmer zu gehen. Ein schnell gangbarer Weg ist: Suchen Sie sich einfach den Unternehmer-Glaubenssatz oben aus, bei dem Sie die größten Bauchschmerzen haben.
Wenn Sie dann jedoch einfach her gehen und sich den neuen Glaubenssatz einige hundert Male vorsagen, ändert sich – gar nichts. Glaubenssätze sind ja nur Modelle. Es sind die Aussagen, die aus den Erfahrungen resultieren. Sie müssen also an die stützenden Erfahrungen ran.
Nach der Auswahl besteht also der nächste Schritt darin, herauszufinden, wie Sie überhaupt dazu kommen, dass der alte Glaubenssatz stimmen könnte. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wer hat Ihnen das gesagt? Finden Sie mindestens 4 bis 6 stützende Erfahrungen.
Nun hinterfragen Sie diese. Gibt es ein Gesetz, das dazu führt, dass diese Erfahrungen allgemein gültig sind? Oder gibt es nicht doch einzelne Ausnahmen davon? War die Person, die Ihnen diesen Glaubenssatz vermittelt hat, da, wo Sie hin wollen? Oder hatte sie vielleicht auch keine Ahnung?
Wenn diese stützenden Erfahrungen in Bildform erinnert werden, können Sie auch z.B. über die NLP-Methode der Änderung der Submodalitäten die Emotionen herunter fahren. Sie können das Bild heller oder dunkler machen. Oder weiter von sich entfernen. Oder unscharf stellen usw.
Das Ziel dieses ersten Schrittes ist, die Grundlage des alten Glaubenssatzes, der ja meist nur auf einigen wenigen Beispielen, die dann verallgemeinert werden, zu erschüttern.
Der nächste Schritt besteht nun darin, für den neuen Glaubenssatz unterstützende Erfahrungen zu finden. Je emotionaler, desto besser. Je eher in Geschichtenform, desto besser. Und je mehr desto besser. Eine gute Methode, ist z.B. 4 bis 6 Wochen lang jeden Morgen beim Aufwachen eine unterstützende Geschichte zu finden und aufzuschreiben.
Es geht letzten Endes darum, sich Referenzerfahrungen zu erzeugen, die den neuen Glaubenssatz stützen. Das geht nicht nur über Visualisierungen, sondern auch dadurch, dass Sie sich mit Menschen umgeben, die den entsprechenden neuen Glaubenssatz haben. Oder dadurch, dass Sie sich neue Beweise selbst schaffen.
Ein Beispiel: Viele Selbständige bezahlen sich weniger als ihren Mitarbeitern. Die Konsequenz ist der Glaubenssatz, dass sie weniger kosten und es deshalb immer besser ist, alles selbst zu machen. Schaffen Sie sich den Beweis, dass Sie mehr kosten als Ihre Mitarbeiter, indem Sie sich mehr bezahlen. Und für den Fall, dass Sie tatsächlich in bestimmten Bereichen beispielsweise 20 Prozent effektiver als ihre Mitarbeiter sind, dann sollten Sie sich mindestens 40 Prozent mehr bezahlen.
Ich weiß, jetzt kommt der Einwand: Ich habe dafür kein Geld. In Wirklichkeit heißt das jedoch: Das widerspricht meinem finanziellen Sicherheitsbedürfnis. Und wenn Sie nun den Glaubenssatz zum Geld anschauen, sehen Sie den Unterschied. Für einen Unternehmer wäre es eine Investition in die eigene Weiterentwicklung. Er müsste nur dafür sorgen, dass die Aufgaben, die dann billiger von Mitarbeitern übernommen werden können, durch neue, die das zusätzliche Unternehmergehalt einspielen, ersetzt werden.
Sie sehen schon: Manche Änderungen von Glaubenssätzen sind nicht einfach. Und diese Änderungen lassen sich besser mit einem Coach vornehmen.
Wie dieses Thema noch tiefer und nutzbringender angegangen werden kann, erfahren Sie im Coaching, im Seminar Storytelling und im Seminar Strategie- und Vision für kleine und mittlere Unternehmen.
P.S. Die Liste mit den Glaubenssätzen oben ist noch unvollständig. Gerne nehme ich auch Ihr Feedback und weitere Ideen an – zum Beispiel gleich hier unten im Kommentarfeld (wenn Sie anonym bleiben wollen, wählen Sie als Name ein Pseudonym und lassen die Email weg.)
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14 Kommentare
Hallo Pasquale,
Nein, natürlich muss man nicht Unternehmer mit Mitarbeitern sein. Die Expertenstrategie kann auch sehr gut funktionieren. Problematisch wird es nur dann, wenn ich versuche, ein Unternehmen aufzubauen und innerlich in der Haltung des Selbständigen/Experten bleibe. Das geht ab einer bestimmten Größenordnung des Unternehmens schief.
Liebe Grüße
Hallo Herr Merath, ich bin selbstständig als Personal Trainer/Gesundheitscoach. Muss ich denn, Ihrer Defnition nach, unbedingt Unternehmer sein (mit Mitarbeiter etc.) ?
Ich würde mich eher, als ein Experte in einem bestimmten Fachgebiet, positionieren wollen. Bis vor 10 jahre hatte ich ein grösseres Unternehmen, bin darin aber gescheitert. Momentan tue ich mich schwer eine glasklare Vision und Position für die Zukunft zu finden.
Hallo Frederik,
es handelt sich um das Dokument 14.Leitfragen und Leitsätze im Unternehmersystem. Ist vielleicht etwas irritierend, weil es hier Glaubenssätze und dort Leitsätze heißt – die Idee ist jedoch dieselbe.
Liebe Grüße
Hallo Stefan
Sorry ich habe das System gekauft finde aber die Glaubenssätze nicht. Kannst Du mir sagen wo die genau sind?
LG
fredrik aus Bern
Hallo zusammen,
ich denke, strategisch gesehen müssenn beide sich am Endkunden – bzw. der eigenen erfolgsversprechendsten Zielgruppe – orientieren. Die Vermittler sind lediglich Multiplikatoren, die idealerweise die gleiche Zielgruppe und auch die gleiche Strategie haben.
Sowohl Selbstständige als auch Unternehmer sollten dem Endkunden Lösungen anbieten und zwar ein einzigartiges Lösungsangebot für eine genau definierte Zielgruppe, die dort das dringendste und grösste Problem hat.
Sehr geehrter Herr Merath,
da haben wir wieder die Sache mit den „Glaubenssätzen“.
Ich stimme ihnen zu
Hallo Klaus,
das sehe ich anders. Ich habe als Protagonisten in beiden Büchern ganz bewusst Wissensunternehmer gewählt und natürlich kann man diese Unternehmen auch als Unternehmer und nicht nur als Selbständiger führen.
Bzgl. Projektmarkt und GULP: Ich war schon Jahre nicht mehr drauf, vermute aber mal, dass der größte Teil der Projekte dort mit Großunternehmen läuft. Die arbeiten natürlich lieber mit Vermittlern. Aber das heißt ja nicht, dass Großunternehmen die Zielgruppe bleiben müssen, wenn man direkt an die Endkunden ran will – und direkt an die Endkunden ran zu gehen, halte ich in den meisten Fällen für die bessere Variante.
Und noch was bzgl. Statistik: Wie viele Freiberufler/Ingenieurbüros direkt an ihr Projekt kommen, ist völlig irrelevant. Die einzig relevante Frage in diesem Zusammenhang ist: „Was machen die, die zu 100 Prozent direkt an ihre Projekte kommen, anders?“
Hallo,
auch ich habe Beide Bücher gelesen und verfolge die Diskussion um die „Problemstellung vom Selbständigen zum Unternehmer“. Ich finde es ist ein wesentlicher Unterschied ob ich ein Wissensunternehmen im Projektgeschäft oder ein Produktionsunternehmen führe. Als reines Wissensunternehmen (zB. Ingenieurbüro) im Projektgeschäft wird wohl sehr viele „Selbständige“ finden und kaum Manager oder Unternehmer.
Der Projektmarkt ist leider in sehr starkem Maße ein Vermittlermarkt. Laut einer Studie von GULP kommen nur 27 % aller Freiberufler bzw. kleine Ingenieurbüros direkt an Ihr Projekt, der Rest geht über Vermittler. Stategisches Networking heißt von daher für die meisten Wissensunternehmer/Freiberufler, dass sie eine strategische Ausrichtung mit dem Vermittler aufbauen müssen und nicht mit dem Endkunden. An den kommen Freiberufler oder kleine Ingenieurbüros aufgrund der vereinbarten Kundenschutzklauseln ohnehin kaum ran.
Leider gibt es für meine „Problemchen“ als Wissensunternehmer in den Büchern kaum geeignete Hilfestellungen.
Hallo liebe Leute,
zunächst bin ich von der ganzen thematik immer noch fasziniert, im Moment beim Lesen des zweiten Buches. Hatte zwischendurch auch manchmal denEindruck den Tilman formuliert hat. Mittlerweile sehe ich für mich die Problemstellung vom Selbständigen zum Unternehmer zu werden, bei der Qualifizierung des Personals oder Einkauf von „Fremdenergie-Kompetenz“. Im Moment kann ich mir nur vorstellen eine Stufe nach der anderen zu nehmen. Trotzdem herzlichen Dank für diese hervorragende Arbeit. Stefan Merath hat bestimmt nicht nur mir „aus der Seele geschrieben“.
Hallo Tilman,
Unternehmer ist für mich nicht höherwertiger als Selbständiger. Beides gehorcht unterschiedlichen Regeln und Gesetzen und deshalb halte ich es für unabdingbar, eine klare Entscheidung zu treffen. Wenn Unternehmer als höherwertiger erscheinen, dann weil die meisten Unternehmer als Selbständige beginnen und die Rolle wechseln müssen, d.h. der Selbständige zeitlich vorausgeht. Meine Zielgruppe sind die, die Unternehmer sind oder werden wollen.
Für Selbständige ist es dennoch nicht verkehrt, die Rollen Fachkraft, Manager und Unternehmer zu kennen und sich etwa ein Drittel seiner Zeit für U-Aufgaben zu reservieren. Hier vor allem für die Vision, die Positionierung und die eigene persönlichen (nicht fachliche!) Weiterentwicklung. Das Ziel des Selbständigen ist ähnlich wie beim Unternehmer, eine Lieblingszielgruppe zu finden, die einen immens dringenden Bedarf hat und dann die beste Lösung – und zwar auf einem möglichst komplexen Niveau dafür anzubieten. Der Schlüssel für den Selbständigen ist noch mehr als beim Unternehmer, dass der Kunde den Selbständigen als einzigartigen Experten wahrnimmt. Dazu gibt es nun bei Selbständigen eine Menge an Literatur, aber meist sehr spezialisiert, z.B. Giso Weyand: Sog-Marketing für Coaches etc. Hängt also ganz davon ab, in welchem Bereich Du selbständig bist.
Liebe Grüße
Guten Tag,
ich habe beide Bücher gelesen und mich viel mit der Materie beschäftigt. Leider trifft vieles auf mich als Selbständiger nicht zu und ehrlich gesagt fühle ich mich als Selbständiger sogar oftmals als „schlechtes Beispiel“ ge/mißbraucht.
Es kommt mir so vor, als ob der Unternehmer als höherwertiger gesehen wird als ein Selbständiger. Auf einer anderen Evolutionsstufe sozusagen.
Ab und zu wird betont, dass es ja aber gar nichts schlechtes sei ein Selbständiger zu sein…wenn man das wirklich sein wolle…..
Ich will das gern sein.
Meine konkrete Frage ist :
Gibt es auch Strategien für Selbständige und wenn ja, kann mir da jemand einen TIp zu Literatur oder Webseiten geben ?
Vielen Dank!
Tilman
Lies Dir das mal durch!
Guten Tag, Herr Strauss,
die Liste ist Bestandteil des Unternehmersystems –> Shop.
Liebe Grüße
Sehr geehrter Herr Merath,
auf Seite 170 schreiben Sie ….. Herr Radies legte mir eine lange Liste vor …. Ist das oben die erwähnte Liste?
Viele Grüsse
Kurt Strauß