Sprungnavigation Zur Hauptnavigation springen Zum Hauptinhalt springen Zur Fußzeile springen
projekt-verlauf mit zielen als straßen-kreide-bild © WoGi – stock.adobe.com
Fachartikel Führung

Wie Sie Ihre Projekte in Zukunft schneller zum Ziel bringen als geplant

Projekte sind allgegenwärtig. Projekte können kleine, einfache Dinge sein, wie die Erstellung einer kleinen Firmen-Homepage oder eine PR-Kampagne. Aber auch die Gründung und Entwicklung des Unternehmens selbst ist ein Projekt – mit dem Unternehmer als Projektleiter.

Sicher ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass viele Projekte später fertig werden als geplant. Die neue Marketing-Konzeption wird nicht fertig, bei der Produktentwicklung schleichen sich Fehler ein usw. Irgendwann kommt garantiert ein Mitarbeiter und berichtet Ihnen von einem Ereignis, das nicht vorhergesehen war. Und natürlich dauert es deswegen länger und wird später fertig. Oder es wird teurer und hat eine schlechtere Qualität. Immer dann, wenn etwas mit großer Regelmäßigkeit geschieht, gibt es zugrunde liegende Ursachen.

Haben Sie sich eigentlich schon einmal die Frage gestellt, warum selten ein Mitarbeiter kommt, um Ihnen die gute Nachricht zu überbringen, dass das Projekt viel schneller fertig wird und der Erfolg noch größer wird als geplant? Genau um diese Frage geht es in diesem Beitrag.

Natürlich hält sich die Realität nie hundertprozentig an einen Plan. Aber wenn man eine fundierte Planung erstellt hat – das ist die Voraussetzung für das Folgende – ist die Wahrscheinlichkeit für positive Abweichungen genauso groß wie für negative Abweichungen. Warum erfahren wir dann immer nur von den Letzteren?

Nun, meinem Erachten nach gibt es folgende wesentliche – miteinander zusammenhängende – Ursachen.

Suchen Sie nach positiven Abweichungen

Erstens, alle suchen nach den negativen Abweichungen – allen voran Sie als Unternehmer. Wenn Zwischenergebnisse präsentiert werden oder fertig sein sollen, wird ausschließlich danach gesucht, ob es negative Abweichungen gibt. Man beschäftigt sich mit den Punkten, an denen es scheitern könnte. Die Überlegung dahinter: Solange alles im grünen Bereich ist, muss man als Chef/ Projektleiter/ Unternehmer den Dingen ja nicht seine Aufmerksamkeit widmen und hat Zeit für anderes.

Dies führt zu folgender etwas abstrusen, aber folgenschweren psychologischen Komponente: Alle Menschen suchen Aufmerksamkeit, also auch die Projektmitarbeiter. Wenn man etwas gut macht, dann bekommt man jedoch keine Aufmerksamkeit. Nur wenn etwas schlecht läuft. Mit der Folge, dass negative Abweichungen in aller Regel mit Aufmerksamkeit „belohnt“ werden. In diesem Fall setzt sehr schnell ein ähnlicher Prozess ein wie bei Jugendlichen, die keine Aufmerksamkeit bekommen: Sie beginnen aufzufallen – in aller Regel negativ, weil dann die Aufmerksamkeit sicher ist.

Kurz gefasst: Sie werden auf lange Sicht immer das erhalten, auf das Sie Ihre Aufmerksamkeit fokussieren. Damit liegt ein wesentlicher Aspekt der Lösung auf der Hand: Beschäftigen Sie sich zu Beginn eines Projekt-Meetings/einer Milestone-Besprechung immer etwa ein Drittel der Zeit mit den positiven Abweichungen. Versuchen Sie dahinter Regeln zu entdecken und die Lerngewinne zu finden. So werden Sie feststellen, dass z.B. ein Mitarbeiter immer wieder Lösungen mitbringt, die daraus resultieren, dass er seine beruflichen Aufgaben in seinem großen Netzwerk bespricht. Finden Sie für zukünftige Projekte heraus, wie Sie dies gezielter nutzen können. Oder ein anderer Mitarbeiter findet in einem bestimmten Internet-Forum häufig gute Antworten – planen Sie die Recherche dort vorher ein.

Neben der Optimierung Ihrer Projekte für die Zukunft schaffen Sie so auch einen Rahmen, in dem Sie gezielt Ihre Mitarbeiter dabei erwischen können, wie sie etwas besonders gut machen. Ihre Mitarbeiter werden sich freuen, wenn Sie ein paar Mal in dieser Form „erwischt“ wurden. Und es Ihnen mit größerer Motivation danken.

Letztlich ist dies eine sehr effiziente und Energie sparende Methode, systematisch zu besseren Ergebnissen zu kommen: Sie optimieren nur das, was sowieso schon geschieht, statt sich mit aller Gewalt gegen das zu stemmen, was nicht geht. In gewisser Weise lässt sich dies mit manchen asiatischen Kampfsportarten vergleichen, in denen die Energie des Gegners genutzt wird statt mit eigener brutaler Gewalt dagegen zu halten.

Allerdings wird sich dieses Vorgehen bei den ersten Meetings ungewohnt anfühlen und man wird noch keine Ergebnisse produzieren – zu lange ist unser Denken gewohnt in die andere Richtung zu laufen. Wie bei allen neuen Vorgehensweisen müssen Sie auch hier üben und sich die Zeit geben.

Beschäftigen Sie sich nur mit den wichtigen negativen Abweichungen

Natürlich kommt auf den Vorschlag, sich einen wesentlichen Teil der Zeit mit positiven Abweichungen zu befassen, sofort der Einwurf: „Aber ich kann negative Abweichungen doch nicht einfach so laufen lassen“. Da haben Sie Recht, zumindest einige negative Abweichungen nicht.

Sie müssen sich aber nicht auf alle negativen Abweichungen konzentrieren. Hier kommt die Theory of Constraints von Eliyahu Goldratt zum Einsatz. Die Grundüberlegung ist die, dass es bei einem komplexen System immer nur einen Engpass gibt. Wenn dieser beseitigt ist, findet sich natürlich sofort ein neuer Engpass, aber das interessiert zu einer gegebenen Zeit nicht.

Auf Projekte übertragen heißt dies, dass es einen kritischen Pfad gibt. Projekte werden in Teilaufgaben zerlegt, die üblicherweise unterschiedliche Personen erfüllen. Gibt es z.B. einen Milestone Unternehmensfinanzierung, dann sind verschiedene Schritte zu erfüllen, die zum Teil gleichzeitig von unterschiedlichen Personen ausgeführt werden können (Klärung des Finanzierungsbedarfs und Suche nach unterstützenden Dienstleistern kann z.B. teilweise gleichzeitig durch unterschiedliche Personen ausgeführt werden. Erst danach sind z.B. Bankgespräche sinnvoll). Nun wird eine der beiden voraus laufenden Aktivitäten länger dauern als die andere, z.B. die Suche und Auswahl der unterstützenden Dienstleister. Bevor diese Aktivität nicht beendet ist, geht es nicht weiter. Das heißt aber umgekehrt, dass die andere Aktivität (also im Beispiel die Klärung des Finanzierungsbedarfs) nicht am kritischen Pfad liegt und eine zeitliche Überziehung nicht wirklich problematisch ist (solange die Überziehung unter der geplanten Zeit für die kritische Aufgabe bleibt).

Wenn Sie sich also bei jedem Projekt und jedem Milestone klar machen, wo der kritische Pfad liegt (und das auch allen Projektbeteiligten bewusst ist), dann hat dies zur Folge, dass Sie negative Abweichungen nur entlang des kritischen Pfads rigoros verfolgen müssen. Den Rest hingegen halten Sie lediglich mit einem halben Auge unter Beobachtung. Sie gewinnen damit also die Zeit, die sie benötigen, um auf positive Abweichungen zu achten.

Natürlich bringt dieses Einspar-Konzept bei 1-Personen-Projekten nicht sehr viel, weil dann alle Projektschritte nacheinander abgearbeitet werden und somit die eine Person den kritischen Pfad bildet.

Vermeiden Sie falsche Zielstellungen

Natürlich hat es eine Ursache, dass oftmals nur die negativen Abweichungen gesucht werden: Bei vielen Projekten wurden nämlich bereits die Zielverhandlungen falsch geführt. Nehmen Sie z.B. das Projekt der Jahresplanung für Ihr Unternehmen. Sie planen den Umsatz und besprechen das mit Ihren Vertriebsmitarbeitern. Da oftmals eine Prämie vom Erreichen der Umsatzziele abhängig ist, werden die Vertriebsmitarbeiter das Ziel so niedrig wie möglich setzen wollen, um ihre Prämie zu erhalten. Umgekehrt wissen Sie das und setzen das Ziel deshalb bevor sie in die Verhandlung gehen etwas sportlicher an. Dann beginnen die Verhandlungen und am Ende – welch Wunder – trifft man sich irgendwo in der Mitte und/oder in der Nähe der letztjährigen Steigerungsrate.

Dieses Vorgehen ist offen gestanden so ziemlich das Letzte, was man in einem Unternehmen brauchen kann. Erstens werden auf diese Art oft Chancen verpasst. Z.B. wenn der Vertrieb seine Ziele schon im Oktober erreicht hat und dann beginnt, mögliche Aufträge schon mal ins neue Jahr zu schieben, um dort auch wieder die Prämie zu erreichen. Zweitens fördert allein der Verhandlungsprozess alles andere als Harmonie. Drittens wird gigantisch viel Zeit für nichts verschleudert. Und viertens, und das ist im Projektzusammenhang interessant: Wenn es mit der Zielerreichung eng wird, dann werden die Projektmitarbeiter versuchen, zu beweisen, warum es nie klappen konnte. Und hier beginnen dann die Mitarbeiter selbst nach negativen Abweichungen zu suchen (oder in extremen Fällen, diese sogar zu verursachen). Je nach Projekt wird eben die Wirtschaftslage, ein unerwartetes technisches Problem oder sonst etwas gefunden.

Was sind jetzt aber falsche Zielstellungen genau? Falsche Zielstellungen sind immer dann gegeben, wenn Unternehmer, Kunden und Mitarbeiter unterschiedliche Prioritäten haben. Denn dann beginnen alle gegeneinander zu arbeiten.

Und falsche Zielstellungen entstehen immer dann, wenn bei einer konkreten und kurzfristigen Planung Ideen mit Realitäten vergleichen werden. Z.B. wenn die Idee einer fünfprozentigen Umsatzsteigerung auf die Realität eines extrem schwierigen Marktes stößt. Was aber stattdessen?

Hier kann man sich einer Idee aus dem Beyond Budgeting-Konzept bedienen: Vergleichen Sie Realitäten mit Realitäten. Z.B. indem Sie Ihre Realität mit der Realität der Wettbewerber vergleichen und ihre Position in einem Ranking messen. Oder wenn Sie intern mehrere gleiche Einheiten (z.B. Filialen oder Franchise-Niederlassungen) haben, vergleichen Sie diese in einem Ranking.

Was ist damit gewonnen? Nun, Sie haben den Zielkonflikt nach außen verlagert. Wenn Sie im Ranking der Wettbewerber z.B. auf Position 15 stehen, dann wird keiner Ihrer Mitarbeiter anstreben, im folgenden Jahr auf Position 16 oder tiefer zu stehen. Und damit ziehen Sie in die gleiche Richtung!

Das Schöne daran: Sie wissen vorher gar nicht, wie gut Ihre Wettbewerber sein werden. Also müssen ihre Mitarbeiter in jedem Fall immer alles geben und können nicht im Oktober die Hände in den Schoss legen. Auch alle Diskussionen, dass ein Ziel gar nicht erreichbar sein könne, hören auf, wenn die Wettbewerber beweisen, dass es doch erreichbar war.

Und wenn diese Diskussionen aufhören, dann gibt es auch keine Motivation der Mitarbeiter mehr, bewusst nach negativen Abweichungen zu suchen.

Das ist wie im Fußball. Sie würden niemals auf die Idee kommen, mit einem Stürmer zu vereinbaren, dass er in der Saison 13 Tore zu schießen hätte oder gar seine Bezahlung von dieser Zielerreichung abhängig machen. Sofort würde er nämlich beginnen, Sie auf 10 Tore herunter zu handeln, weil 13 Tore aus irgendwelchen Gründen gar nicht gehen. Stattdessen visiert eine gute Mannschaft, wenn sie z.B. auf Platz 8 war, gemeinsam einen UEFA-Cup-Platz an und misst sich an den anderen. Und orientiert sich an seinen Stärken und seinen Chancen. Man gibt alles und zieht an einem Strang.

Fazit

Zur Optimierung des Projektablaufs wurden folgende drei sich ergänzende Komponenten vorgeschlagen:

  • Bewusst das erste Drittel der Projektbesprechungen einplanen, um positive Abweichungen zu suchen
  • Die Besprechung von negativen Abweichungen auf den kritischen Pfad reduzieren
  • Ziele konfliktfrei vereinbaren, indem man Realitäten mit Realitäten vergleicht und Zielkonflikte nach außen verlagert

Diese drei Komponenten können auch für die Unternehmensentwicklung als Ganzes genutzt werden. Sie erfordern allesamt eine gewisse Einübungszeit und werden erst im Lauf der Zeit zu wirklich durchschlagenden Resultaten führen. Aber dann haben Sie eine Methode, die Ihnen wesentlich schneller und einfacher zu permanenten Verbesserungen verhilft als die bisherige Fixierung der Projektsteuerung auf negative Abweichungen. Und zudem haben alle Beteiligten auch noch mehr Spaß dabei.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beiträge, die unsere Nutzer am meisten interessieren

Werte und Vision
Drei Mythen und vier Erfolgsregeln für das Erreichen großer Ziele

Wie ich Richard Branson nach Deutschland holte Es gibt kein Erfolgsbuch, das etwas auf sich hält, das nicht über Ziele schreibt. Ich meine jetzt nicht das Ziel, Brezeln zum Frühstück zu essen – da laufe ich einfach zum Bäcker, kaufe sie und fertig – sondern die großen, langfristigen Ziele. Und in den meisten Fällen wurden diese Bücher von Menschen geschrieben, […]

Weiterlesen
Stefan Merath 23.04.2014
Persönlichkeit
Das Prinzip Selbstverantwortung

Viele Menschen, vor allem Unternehmer, stimmen sicherlich darin überein, dass Selbstverantwortung ein wichtiges Prinzip ist. Aber um was geht’s dabei eigentlich? Einigkeit besteht bei der Vorstellung, dass das was mit „sein eigenes Ding machen“ zu tun hat. Interessant wird es jedoch an zwei Punkten: Wie weit geht dieses Prinzip eigentlich? Und ab wann kommen die Ausreden? Eigene Emotionen Ich glaube, […]

Weiterlesen
Stefan Merath 12.12.2016
Führung
Sinnorientierte Führung

Die Welt der Managementliteratur ist voll von Konzepten, die sich an dem alten Konzept „Management by objectives“, also Führung mit Zielen orientieren. Da das ganz offensichtliche Mängel hat (dazu gleich mehr), gibt es vor allem aus dem „Beyond Budgeting“-Umfeld noch das Konzept „Führung mit flexiblen Zielen“. Die Welt der Menschen mit Führungsverantwortung hingegen ist in der Praxis voll von Konzepten […]

Weiterlesen
Stefan Merath 21.12.2011

Personen, die diesen Beitrag gelesen haben, interessierten sich auch für