Lernen – Warum die „7 Schritte zum Erfolg“ nicht funktionieren
Immer wieder werde ich mit dem Wunsch konfrontiert, meine Konzepte in eine einfach nachzuahmende Methodik a là „Die 7 Schritte zum nachhaltigen Unternehmenserfolg“ umzubauen. Und ebenso häufig weise ich dieses Ansinnen ab. Ich halte es nämlich für völligen Quatsch: Es hat sicher sehr viel mit dem zu tun, wie wir in der Schule lernen und wie es uns irgendwelche Erfolgsbücher nahe bringen. Aber es hat nichts mit dem zu tun, was funktioniert.
Ich möchte das begründen. Um Ergebnisse zu erzielen, müssen wir ein ganzes Bündel von Aspekten betrachten (wer die logischen Ebenen von Dilts kennt, wird sie nun, etwas abgewandelt, wiederfinden. Und wer mehr zu den Ebenen wissen will, bitte das letzte Drittel meines Unternehmertage-Vortrags anschauen.). Und es wird auch deutlich, worauf wir uns konzentrieren müssen, um wirkliche Ergebnisse zu erzielen!
Kontext
Zuallererst agieren wir immer in einem bestimmten Kontext. Und die Leute, bei denen die „7 Schritte zu irgendwas“ funktioniert haben, tun das auch. Wenn nun ein Erfolgstrainer z.B. den Erfolg von Google analysiert und uns hinterher als Erfolgsrezept verkauft, dann kann man daraus sicher was lernen, aber man kann es leider nicht nachmachen. Dieses Modell funktionierte nur in einem bestimmten Umfeld (Silicon Valley mit Dutzenden Mio. Venture Capital) und in einem bestimmten Zeitfenster. Reflektiert man den Kontext nicht, läuft man mit starren methodischen Vorgaben immer gegen die Wand.
Verhalten
Das ist die Ebene, auf der die meisten Trainer und Schüler die Weisheit suchen. Nach dem Motto: „Ich will einen Kuchen backen. Gib mir das Rezept und dann kann ich das auch.“ Bei einfachen Dingen funktioniert das gut. Sobald die Sache etwas komplexer wird, werden auch die Verhaltensanweisungen komplexer. Das zeigt sich in manchen Unternehmen an meterdicken Unternehmenshandbüchern. Da wird jedes Verhalten bis ins letzte Detail geregelt.
Und dann passiert das, was ich mal bei McDonalds erlebt habe: Die Verkäufer fragten eine Zeitlang immer, wenn man etwas bestellte, ob man noch eine Apfeltasche dazu wollte. Das gab ordentlich Zusatzumsätze. Ich hatte mal einen Verkäufer, bei dem ich was mit Apfeltasche bestellte und er fragte mich am Ende, ob ich noch eine Apfeltasche dazu wolle. Natürlich kann man die Regel auch noch aufnehmen und alles noch komplexer machen. Aber schon geringe Phantasie lässt erahnen, dass das in die Irre führt.
Fähigkeiten
Auf der nächsten Ebene kommen dann Fähigkeiten ins Spiel. Im Falle des obigen Verkäufers zum Beispiel, flexibel und einfühlsam auf die Kundenwünsche reagieren zu können. Dann muss ich nicht mehr jedes kleinste Verhalten bzgl. irgendwelcher Apfeltaschen festschreiben.
Bei Unternehmern z.B. die Fähigkeit des strategischen Denkens. Nun ist es so, dass die wenigsten Fähigkeiten von Bedeutung in 2 oder 3 Tagen erlernbar sind. Die Wissenschaft geht bei Fähigkeiten von Weltgeltung davon aus, dass man 10.000 Stunden üben muss, um da hin zu kommen.
Menschen, die sich 7-Schritte-Rezepte oder von einem Seminar ein Patentrezept wünschen, verkennen genau das: Der Weg ist langwierig und funktioniert nur übers dauerhafte Lernen. Wenn dort als Schritt 3 steht: „Entwickle eine Erfolgsstrategie“, dann setzt das eben die Fähigkeit voraus, genau das zu tun.
Es gibt viele Leute, die erfolgreich geworden sind. Aber zuerst haben sie so intensiv gelernt, wie es nur irgend geht: Tony Robbins hat bei Jim Rohn gelernt und Seminare besucht ohne Ende, Bodo Schäfer hatte zwei Coachs und hunderte Bücher gelesen, ich habe seit meiner Pleite 2003 rund 65 Seminare besucht, mit 6 verschiedenen Coachs gearbeitet, rund 1.200 Bücher gelesen und mit weit über 100 erfolgreichen Unternehmern gesprochen.
Fähigkeiten entwickelt man über Kontinuität und Intensität – und genau deshalb haben wir zum Beispiel vor kurzem unser All-Inclusive-Programm entwickelt. Das IST intensiv (21-24 Tage im Jahr!) und das führt zur Entwicklung von Fähigkeiten.
Alles andere (Ich muss erst mal umsetzen…, keine Zeit…, muss mich erstmal um XY kümmern…) führt hingegen nicht zur Entwicklung von Fähigkeiten. Und damit auch nicht zu anderen Ergebnissen als bisher.
Glaubenssätze / Werte
Aber selbst, wenn zwei Menschen dieselben Fähigkeiten entwickelt haben, die gleichen Verhaltensanweisungen haben und im selben Kontext agieren, werden sie immer noch nicht dieselben Ergebnisse erzielen. Der Unterschied liegt auf der nächsten Ebene in den Glaubenssätzen. Nimm einmal zwei Unternehmer. Beide sind gleich ausgebildet. Nur glaubt der eine, dass Mitarbeiter grundsätzlich faul sind und man sie nur durch Druck antreiben kann. Der andere glaubt, dass Mitarbeiter grundsätzlich leistungsbereit sind und man sie in ihrer Entwicklung unterstützen muss.
Beide werden völlig unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Zum Beispiel hat ein Mitarbeiter mal etwas gut gemacht. Der eine lobt und denkt darüber nach, wie er die Leistungsbereitschaft weiter anspornen und dem Mitarbeiter in seiner Entwicklung helfen kann. Der andere denkt, dass sein Druck ganz offensichtlich funktioniert hat und überlegt sich, wie er den Druck erhöhen kann. Heraus kommt, um einen praktischen Fall zu wählen, im einen Fall Schlecker, im anderen Fall dm.
Entscheidend ist, dass beide die Situation aufgrund des unterschiedlichen Glaubenssatzes auch völlig unterschiedlich wahrnehmen. Das dann folgende unterschiedliche Verhalten ist ein Resultat unterschiedlicher Wahrnehmung und nicht ein Resultat unterschiedlicher Verhaltensanweisungen!
In meinem Buch „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ ändere ich z.B. einen Glaubenssatz vieler Leser. Zu Beginn denken die meisten, dass sie selbst und ständig arbeiten müssen, um ein guter Unternehmer zu sein. Dann führe ich die Unterscheidung zwischen Fachkraft, Manager und Unternehmer ein und am Ende glauben die meisten, dass sie gar nicht mehr IM Unternehmen arbeiten dürfen, um ein guter Unternehmer zu sein. Der Punkt ist: Dabei geht es nicht um andere Verhaltensweisen oder andere Fähigkeiten, sondern es geht darum, dass man automatisch mit diesem anderen Glaubenssatz die Welt anders wahrnimmt und dann anders handelt.
Selbstbild
Glaubenssätze können sich auf die Welt beziehen oder auf einen selbst. Glaubenssätze über sich selbst bilden das Selbstbild. Ich habe mit Unternehmern gearbeitet, die wirklich tolle Fähigkeiten besaßen, die auch einige wirklich gute Glaubenssätze hatten, aber dann sagten sie über sich selbst: „Alles wirklich Große, das ich angepackt habe, ist schief gegangen“ (und denken sich insgeheim: Und das wird auch in der Zukunft so sein). Und zum Beleg erzählen sie dann 3 oder 4 Geschichten, wo was schief gegangen ist.
Die Konsequenz: Nach den ersten erfolgreichen Schritten denken sie, dass es jetzt bald wieder soweit sein müsste. Und dann beginnen sie nach Gründen zu suchen, warum das Projekt scheitern muss. Und natürlich – unser Gehirn findet auch noch zu den bescheuertsten Fragen Antworten – wird dieser Unternehmer Gründe finden. Und sich dann mit diesen Gründen selbst ins Abseits kegeln.
Der Haken an diesen negativen Selbstbildern ist, dass man sie vor sich selbst oft nicht zugibt. Und wenn doch, dann erscheinen sie als unumstößliche und nicht zu verändernde Realität (dann ist man ja nicht schuld, weil man ja gar nichts dran ändern kann…). Das eigene Selbstbild gezielt und bewusst zu ändern, gehen nur die wenigsten jemals an. Und wenn doch, dann kommt ohne einen Coach (oder eine andere dritte Person) meist nix raus.
Lebensgefühl
Oft ist es so, dass diese negativen Selbstaussagen im Rudel auftreten. Hat man den einen Glaubenssatz „Alles wirklich Große, das ich angepackt habe, ist schief gegangen“ bearbeitet, kommt der nächste: „Ich bin ein Verlierer“ und danach der nächste: „Ich bin nichts wert“ usw. In gewisser Hinsicht erscheint einem dies manchmal als Außenstehendem so, dass diese Glaubenssätze ad hoc konstruiert werden.
Und in der Tat ist dies auch so: Du hast sicher schon mal abends mit einem Freund zusammen gesessen und ihr habt Euch gegenseitig lustige Geschichten aus Eurer Jugend erzählt. Aber hast du dir schon mal die Frage gestellt, warum ihr an diesem Abend aus den vielen tausend möglichen Geschichten gerade diese 10 oder 20 Geschichten erzählt habt? Und nicht die traurigen, frustrierten Geschichten, die es auch gab?
Die Antwort ist ganz leicht: Weil ihr an diesem Abend in einer lustigen Stimmung wart. Und dann fallen Euch einfach die zugehörigen Geschichten ein. Ganz automatisch. Und genauso fallen uns zu einem bestimmten Lebensgefühl auch bestimmte Selbstzuschreibungen ein.
Wollen wir unsere Selbstzuschreibungen ändern, dann müssen wir das zugrunde liegende Lebensgefühl ändern. Mal ganz platt: Jemand, der spürt, dass Business (oder Unternehmersein) wie Rock’n’Roll ist, der wird ganz andere Ergebnisse erzielen wie jemand, der spürt, dass Unternehmersein ein täglicher Kleinkrieg ist. Völlig unabhängig von Fähigkeiten, Verhaltensanweisungen usw.
Wie wir das ändern? Durch Fokus, durch unseren Körper, durch unsere Gewohnheiten. Und durch unser…
Zugehörigkeit
… Umfeld. Die effektivste Lernmethode – bei Kindern sowieso, aber auch bei Erwachsenen – ist die Imitation. Diese erfolgt in der Regel unbewusst und ist grundlegender als Selbstbild oder Lebensgefühl. Experimente wie das Stanford Prison Experiment beweisen das: Völlig normale Studenten verwandelten sich in wenigen Tagen in Folterknechte – nur, weil sie zufällig zur Gruppe der Wärter eingeteilt wurden.
Das ist der Grund, warum sich bei nahezu allen Unternehmern, die etwas bewegen, im Lauf der Zeit der Freundeskreis ändert. Meist unbewusst und ohne Absicht, oft sogar mit inneren Konflikten. Aber, erfolgreicher Unternehmer wird man nur, wenn man sich im Umfeld erfolgreicher Unternehmer bewegt.
Deswegen ist eines der Schlüsselelemente, die wir bei Unternehmercoach schaffen, die Zugehörigkeit unserer Kunden zur Gruppe der Unternehmer, die etwas bewegen und auch an sich selbst ändern wollen. Angefangen vom Forum begleitend zu den Coachingbriefen über die Arbeitsgruppen bei Seminaren, die regelmäßigen Braintrusts bis hin zum familiären Charakter unserer größeren Events.
Vision
Zualleroberst steht jedoch die Vision. Jemand mit einer klaren, emotionalen Vision wird immer andere Ergebnisse erzielen als jemand ohne Vision. Und er wird andere Freunde haben, ein anderes Lebensgefühl, ein anderes Selbstbild. Er wird andere Glaubenssätze, Fähigkeiten und Verhaltensweisen entwickeln. Dabei hat eine wirkliche Vision nichts mit dem zu tun, was man für sich selbst, sein Unternehmen oder seine Mitarbeiter will. Sondern einzig und allein damit, welchen Beitrag man leisten will, um die Welt besser zu machen. Eine gute Vision ist immer nach außen gerichtet.
Am eigenen Beispiel: Die Vision von Unternehmercoach ist nicht, irgendwann einmal den Umsatz X zu haben, auch nicht Y Coachs zu beschäftigen und ich will auch nicht Unternehmer des Jahres werden. Die Vision ist, dass die Welt vor vielfältigen Herausforderungen steht, die nur durch selbstverantwortliche Menschen, die etwas bewegen, gemeistert werden können. Und der Prototyp dieser Menschen ist der Unternehmer. Aus diesem Grund möchten wir das Unternehmerbild und die Kultur in diesem Land so verändern, dass, wenn es je eine Sendung „Deutschland sucht den Superunternehmer“ geben würde, nachts um drei Uhr zehntausende Jugendliche vor der Tür stehen, um da mitmachen zu dürfen. Und dazu braucht es wie bei den Popstars emotionale Vorbilder, von denen die Jugendlichen sagen: „Ja, so will ich sein!“
Und daran wirken wir mit, z.B. mit meinen Büchern oder mit unserem Unternehmerstars-Seminar. Und um dort nicht nur zu reden, sondern auch etwas zu tun, fördern wir bis zu 15 Jungunternehmer/innen durch kostenlosen Eintritt – eine/n für jeden Unternehmer, der sich jetzt anmeldet. Wir wollen nicht nur selbst etwas tun, sondern wir wollen, dass auch unsere Kunden helfen. Nur dann, wenn die Vision stark genug ist, Kunden auch zur Aktivität zu bewegen, ist es eine gute Vision! (Wenn du also auch einen Jungunternehmer unterstützen willst: Mehr zur Challenge!)
Zusammenfassung
OK, ich bin im letzten Absatz etwas abgeschweift… Aber wenn mich die Vision nicht selbst so begeistern würde, wäre sie ja auch nicht gut.
Was ich in diesem Beitrag verdeutlicht habe, ist die simple Tatsache, dass 7 (oder 3 oder 11) Schritte, die ich nur noch „umsetzen“ muss, nicht zum Erfolg führen. Genau genommen hat der größere Teil des Erfolgs gar nichts mit „Maßnahmen“, „Umsetzung“, „Methoden“, „Systemen“, „Zeitmanagement“ usw. zu tun. Das ist bezogen auf die oben genannten Ebenen gerade mal auf der Verhaltens- oder maximal noch der Fähigkeiten-Ebene zu finden.
Und ich bitte dich, einfach mal auf deine eigene Sprache und Argumente zu achten. Ich glaube, immer dann, wenn du glaubst, dass du ein Umsetzungsproblem hast, dir angeblich die Zeit fehlt, du etwas scheinbar noch nicht kannst, du dich erst noch um X kümmern musst, das Problem in Wirklichkeit darin liegt, dass dir die höheren Ebenen (Glaubenssätze, Selbstbild, Lebensgefühl, Zugehörigkeit oder Vision) aus dem Blick geraten sind oder du überhaupt gar nicht erst dran gedacht hast. Wie auch? Das klassische Bild des Unternehmers und das uns in der Schule eingetrichterte Bild des Lernens berücksichtigt diese Aspekte ja auch gar nicht!
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