In den letzten Artikeln hatten wir die ersten zwei von fünf Führungsstilen untersucht, deren Stärken und Schwächen sich auch heute noch Führungskräfte und Unternehmer bewusst sein sollten. Während viele Jahrhunderte lang mit Führung durch Zwang noch eine relativ primitive Art des Führens die Oberhand hatte, sorgte die Bauernbefreiung in ihrer Konsequenz für die Etablierung der deutlich moderneren Führung mit Prozessen und Aufgaben. Dieser Führungsstil hat aber leider auch einen Haken, er funktioniert nur in einem sich nicht allzu rasch ändernden Umfeld. Und genau hier kommt der dritte Führungsstil zu Hilfe: “Führen mit Zielen“.
Konkrete Ziele statt fixer Prozesse
In einer Umgebung, die sich nur sehr langsam verändert, macht es natürlich Sinn einen fixen Prozess zu definieren, da ich davon ausgehen kann, dass dieser auch in drei oder vier Jahren noch funktioniert. Aber wenn sich die Welt dort draußen deutlich schneller dreht, und das war im Laufe der Jahre immer mehr der Fall, dann muss ich ja permanent die Prozesse ändern und das bringt auf die Dauer selbst den besten Leader an seine Grenzen. Durch die Führung mit Zielen kann ich aber genau diesem Problem entgegentreten, indem ich dem Geführten keine fixen Prozesse, sondern ein konkretes Ziel vorgebe. Ich kann zum Beispiel einen Manager anweisen, dass er in seiner Produktionsstätte ein ganz bestimmtes Ergebnis erreichen soll. Was ich aber nicht tue ist ihm vorzugeben, wie er dieses Ziel genau erreichen muss. Es ist ihm in dem Fall komplett selbst überlassen, ob er zum Beispiel mehr Geld in die Werbung steckt, das Produkt billiger macht oder an dessen Qualität schraubt. Ich kann dem Vertrieb das Umsatzziel eine Million vorgeben und der Vertriebler selbst muss nun entscheiden, ob er den ganzen Tag Telefonakquise betreibt oder lieber direkt zum Kunden fährt.
Für den Führenden ist dieser neue Stil, der vor allem ab den 1950ern in Firmen Einzug hielt, natürlich eine extreme Erleichterung, weil er nun nicht mehr den ganzen Prozess im Detail definieren muss. Ich mache mir keine Gedanken mehr darüber, wie das alles geschieht, sondern muss mir stattdessen nur überlegen, welche Ziele ich setze und wie diese miteinander zusammenhängen. Das herausfordernde an dem Stil ist aber, dass sowohl der Führende als auch der Geführte lernen müssen loszulassen. Beim Führenden ist es so, dass er nicht mehr jeden einzelnen Schritt des Geführten kontrollieren sollte. Er darf erst dann in die Prozesse eingreifen, wenn Ziele nicht erreicht werden. Der Geführte wiederum braucht völlig neue Qualifikationen. Er muss nun auf einmal selbst Strategien entwickeln können, durch die er ein bestimmtes Ziel erreichen kann. Vor allem braucht er jede Menge Selbstdisziplin und muss Verantwortung übernehmen, da er nur so an dem Erreichen seines Zieles dranbleiben wird. Die Hoheit über das eigene Zeitmanagement ist vollkommen neu für den Geführten und eine große Herausforderung. Gleichzeit muss sich der Führende natürlich nun viel besser überlegen, wen er bei sich im Betrieb einstellt und ob diese Person dieser Art zu Arbeiten überhaupt gewachsen ist.
Wer nach Zielen geführt wird hat das Ergebnis stärker im Blick und wird früher handeln.
Neuer Führungsstil, neue Herausforderungen
Das “Führen mit Zielen“ bedeutete einen großen Fortschritt für die Arbeitswelt. Ein ganz einfaches Beispiel zeigt den enormen Nutzen dieses Stils. Jemand, der aufgrund von Aufgaben und Prozessen geführt wird, wird sich trotz einer versifften Maschine wohl oft erst dann um das Putzen kümmern, wenn es auch offiziell in seinem Prozessplan vorgesehen ist. Wer hingegen nach Zielen geführt wird hat das Ergebnis viel stärker im Blick und wird früher handeln. Aber auch wenn dieser dritte Führungsstil deutlich flexibler ist als sein Vorgänger, der unglaublichen Dynamik der 1980er und 1990er Jahre war auch er nicht gewachsen. Die Konsequenz davon, nämlich die Einführung des vierten Führungsstils, schauen wir uns beim nächsten Mal genauer an.
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